Gestern war in Erfurt der erste Verhandlungstag im Kika-Betrugsprozess. „Notorische Spielsucht. Frust auf der Arbeit. Verdrängung als Lebenskunst. Drei Probleme, die viele Menschen plagen. Für den früheren Herstellungsleiter des Kinderkanals von ARD und ZDF jedoch, für Marco K., waren diese psychischen Hypotheken die Ursachen für den bislang größten Millionenbetrug im öffentlich-rechtlichen Rundfunk“, so die Sächsische Zeitung. „An jeden Einzelfall könne er sich nicht mehr erinnern. Aber die Vorwürfe seien vollumfänglich zutreffend.“
Von den Scheingeschäften „habe außer ihm niemand gewusst. Diejenigen, die die Rechnungen gegengezeichnet hätten, hätten sie nicht prüfen können“, vermeldet mediabiz.
„Um ein Signal zu setzen, werden wir aus Rheinland-Pfalz in den ZDF-Fernsehrat statt eines Politikers den ehemaligen Verfassungsrichter Brun-Otto Bryde entsenden“, so die medienpolitische Sprecherin der grünen Bundestagsfraktion Tabea Rösner im FAZ-Interview. „Es geht nicht darum, dass wir, weil wir an der Regierungsmacht sind, unseren Einfluss ausbreiten. Kein Politiker, keine Regierung kann ein Interesse haben an unkritischen, gleichgeschalteten Medien.“ Allerdings bleibt der Ministerpräsident der rheinland-pfälzischen Landesregierung Kurt Beck Verwaltungsratsvorsitzender des ZDF. Und sein Chef der Staatskanzlei Martin Stadelmeier bleibt im ZDF-Verwaltungsrat.
„FAS“-Feuilletonchef Claudius Seidl bewarb sich in einer Glosse für den Posten des ZDF-Intendanten. Seine Vorschläge gefallen vielen: Auf Facebook fand er ebenso Unterstützer wie unter Kollegen, heißt es bei sueddeutsche.de. „Ich habe früher fast täglich ferngesehen, gerne auch mal das ZDF; heute schaue ich gar nicht mehr fern, und beides, glaube ich, macht mich zum idealen Repräsentanten des Publikums“, begründet Seidl seine Kandidatur.
Doch kann man Intendant sein, wenn man nicht Fernsehen sieht? Wen will er denn repräsentieren. Die über 70 Millionen, die Fernsehen sehen? Oder die 5 Millionen, die keine Lust auf Fernsehen haben? Die einen wollen ihr Programm, den anderen reicht ein Testbild. Und wieso soll der Intendant das Publikum repräsentieren? Geht das überhaupt? Sind die Ansprüche des Publikums nicht höchst unterschiedlich? Wen also will er repräsentieren?
Der Verfassungsrechtler Paul Kirchhof hat auf der Jahrestagung des Instituts für Rundfunkrecht an der Kölner Universität am 13. Mai sein Modell der Haushaltsabgabe verteidigt. Laut Funkkorrespondenz zeigte sich erfreut darüber, dass sein Modell im Wesentlichen für den neuen Rundfunkbeitragsstaatsvertrag umgesetzt worden sei. „Anders als jetzt im Staatsvertrag vorgesehen, plädierte Kirchhof allerdings dafür, ARD und ZDF die Werbung zu untersagen. Dies hatte er in seinem damaligen Gutachten bereits als Option erwogen“, so die Funkkorrespondenz.
Es wird immer wieder behauptet, dass sowohl die privaten Fernsehanbieter wie auch die Zeitungsverleger gegen ARD und ZDF kämpfen würden. Dies scheint immer noch zu stimmen, wenn man die Schlagzeilen liest. „Verleger greifen ARD und ZDF von zwei Seiten an“, titeltet am 6. Mai das Handelsblatt. Die EU-Kommission in Brüssel solle prüfen, ob die Zusagen der Bundesrepublik im Zusammenhang mit den Drei-Stufen-Tests korrekt umgesetzt worden seien, forderte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Zeitungsverleger (BDZV), Dietmar Wolff. Unabhängig davon sei damit zu rechnen, dass einzelne Verlage vor deutschen Gerichten gegen bestimmte Online-Angebote von ARD und ZDF klagten.
Doch ist diese Polemik mehr Schein als Sein. Seit einiger Zeit machen Intendanten wie auch führende Zeitungsverleger und Chefs privater Sender darauf aufmerksam, dass ernst zu nehmende Konkurrenz aus dem Ausland in den deutschen Markt drängt. Da wird dann auf Google und Facebook verwiesen, Rupert Murdoch wird erwähnt.