Was Emily Maitlis Rede aber über all diese konkreten Punkte hinaus so hörens- oder lesenswert macht, ist die eigentliche Kernfrage ihres Vortrags: Wie muss öffentlich-rechtlicher Journalismus, dessen vornehmste Aufgabe ja immer auch die Kontrolle der Exekutive sein sollte, mit einer Regierung umgehen, die eine Gefahr nicht nur für ihn selbst, sondern ganz generell für die demokratischen Institutionen ihres Landes ist? In einer solchen Situation kann die Definition von „Unparteilichkeit“ ganz grundsätzlich nicht mehr der Regierung überlassen bleiben. Und wie berichtet öffentlich-rechtlicher Journalismus über den zunehmenden Verfall der demokratischen Strukturen, die er doch verteidigen soll? Indem er darüber berichtet wie über das Wetter, und die Entwicklung damit normalisiert?
Nein, sagt Emily Maitlis, und greift zum Ende ihres Vortrags die Metapher des Froschs im allmählich heißer werdenden Wasser auf. Es sei an der Zeit, dass der Frosch aus dem Wasser springe, alle seine Freunde anrufe und davor warne, dass sie sehr bald im kochenden Wasser umkommen würden.
Annette Dittert, uebermedien.d , 29.8.2022 (online)