Die ökonomische Bedeutung dieser Online-Werbegeschäftsmodelle hat in den letzten Jahren beeindruckend zugenommen. Die Veränderung hin zur digitalen Datengewinnung für Werbezwecke hat dazu geführt, dass der deutsche Online-Werbemarkt mit einem Umsatz von ca. € 10 Mrd. bereits 2,5-mal größer ist als der deutsche Fernseh-Werbemarkt.
Die im deutschen Online-Werbemarkt aktiven US-amerikanischen Unternehmen werden vom Bundeskartellamt hinsichtlich eines möglichen Missbrauchs ihrer überragenden Marktstellung genau beobachtet. Die erste Entscheidung des Bundeskartellamtes in Sachen „Google“ erging im Januar 2022: Die Alphabet Inc., Mountain View, USA und damit auch die Tochterunternehmen Google oder YouTube, unterfällt jetzt im Online-Werbemarkt der erweiterten Missbrauchsaufsicht durch das Bundeskartellamt.
Die für Bewegtbild-Nutzer – auf den ersten Blick – kostenfreien Geschäftsmodelle in der digitalen Welt werden demnach durch die kommerziellen Aktivitäten in den Online-Werbemärkten gesteuert. Diese Marktentwicklungen aufnehmend, grenzen Kartellbehörden und Gerichte wie der BGH die sachlich relevanten digitalen Märkte in Märkte für suchungebundene Online-Werbung und suchgebundene Online-Werbung ab. Kosten- und werbefreie digitale Angebote wie DasErste.de sind in diesen Märkten nicht aktiv. Änderungen der Verweildauer bei DasErste.de haben demnach keine marktrelevanten Auswirkungen in diesen benachbarten Online-Werbemärkten. […]
Ein weiterer sachlich benachbarter Markt zu dem Markt für kosten- und werbefreie digitale Angebote, in dem DasErste.de aktiv ist, ist der Markt für digitale Pay-Angebote. Anbieter von VoD/Video-on-Demand Diensten haben 2020 einen Umsatz von € 1,8 Mrd. erzielt. Dies entspricht in etwa der Hälfte des Umsatzes im Fernseh-Werbemarkt. Digitale Pay-Angebote werden in die sachlich relevanten Märkte „Subscription-VOD“ und „Transaction-VOD“ aufgeteilt. DasErste.de ist ein kosten- und werbefreies digitales Angebot und daher sachlich getrennt von diesen beiden Märkten. Aus diesem Grund hat eine Änderung des kostenfreien DasErste.de-Angebots keine marktrelevanten Auswirkungen in den benachbarten Märkten für kostenpflichtige digitale Angebote.
Medieninhalte können auch Teil eines kostenpflichtigen Produktbündels sein, das von vertikal integrierten Unternehmen angeboten wird.
DasErste.de könnte Auswirkungen auf Bündelangebote von Telekommunikationsunternehmen haben, da Nutzer, die ein solches Bündel kaufen, auch erwarten, dass DasErste.de in diesem Bündel kosten- und werbefrei vertreten ist. In einem solchen Fall wären die marktrelevanten Auswirkungen in einem solchen benachbarten Markt positiv, da DasErste.de nutzenstiftend für das Bündel wäre.
Prof. Dr. Dr. Doris Hildebrand: GUTACHTEN MARKTRELEVANTE AUSWIRKUNGEN DER VERÄNDERUNG DER VERWEILDAUERN BEI DASERSTE.DE. April 2022 (online)