Man kann sich jetzt schon ohne jede Programmierkenntnis im Netz eine synthetische Freundin oder einen synthetischen Freund zusammenbasteln. Diese Begleiter reden mit einem so flüssig und natürlich wie ein echter Mensch. Dabei lernen sie bei jeder Nutzung über einen dazu, können bald schon auf einen eingehen wie ein echter Freund. Vielleicht sogar besser. Das, so sind sich Experten wie Jonathan Haidt sicher, wird soziale Medien noch toxischer machen, vor allem wenn sie die Plattformen ersetzen. Denn ähnlich wie die Algorithmen der Kurznachrichtendienste reagiert auch eine KI direkt auf die Wünsche, Sehnsüchte und Begierden ihrer Nutzer. Dafür sind sie konstruiert worden. Bots leisten keine Widerrede, regen nicht zum selbständigen oder kritischen Denken an. Sie funktionieren wie mentale Geschmacksverstärker. Man kann das alles neu programmieren. Doch das würde den Geschäftsmodellen der Tech-Firmen schaden. Denn je länger und enger die User am Gerät bleiben, desto mehr Aufmerksamkeit und Daten können die Unternehmen in Geld verwandeln. Erst wenn der Druck der Gesellschaft zunimmt, ändern sie ihre Maschinen. Instagram hat etwa Funktionen für Nutzer unter 18 eingebaut, die unter anderem die Privatsphäre jedes dieser Konten besonders schützen, Nachrichten zur Schlafenszeit zwischen 22 und 7 Uhr sowie die „beauty filter“ blockieren und Eltern mehr Einblick geben.
Andrian Kreye, sueddeutsche.de, 28.11.2024 (online)