Zitiert: Bildung ohne Vermittlung, Vermittlung ohne Filme

„Filmbildung“ wird in Deutschland gern von Politikern, Pädagogen und Film-Interessenverbänden im Mund geführt und ist als Ziel auch gesetzlich verankert. Mit dem Begriff ist aber allzu oft nur eine verschulte Filmlehre und die Zucht eines künftigen zahlenden Publikums gemeint; von einer wirklichen Vermittlung der Filmkunst kann keine Rede sein. Für diese bräuchte es weniger Vorschriften als vielmehr offene Räume, die Entdeckungen erlauben, und die Bereitschaft, sich auch ohne Vorbildung Filmen auszusetzen. […]

Filmgeschichte und filmische Formen abseits der Ware sind hierzulande nach wie vor nahezu unzugänglich, nicht nur für Leute unter 18 ein Privileg, während sich die Kulturstaatsministerin, in der Filmbranche sicherlich fest mit Aufmerksamkeit und Applaus, Klicks und Likes rechnend, über „Missstände in der Kulturbranche“ mokiert und hier einen ausräumen müsste, den ihr Haus selbst maßgeblich befördert hat. Gerade zieht die Stiftung Deutsche Kinemathek, die in Berlin niemals eine eigene Spielstätte besaß, vom einen ins andere Investorenprojekt, Ausgang ungewiss.

Die Idee eines Ortes, an dem der Film angemessene Bedingungen vorfindet, von der Auswertung freigestellt, wird wohl in der Tat eine Vision Kino bleiben. In einem Land, das kaum zwei, drei Kinematheken besitzt, die Kindern regelmäßig, ungeachtet ihrer sozialen und kulturellen Herkunft, Zugang zur Filmgeschichte gewähren, ist Filmkultur eine Frage der Distinktion geblieben, Kulturpolitik sei Dank. Auch der neue „KulturPass“ für 18-Jährige der Kulturstaatsministerin kommt allenfalls den gewerblichen Interessen am Kino zugute, die aus angehenden Erwachsenen eine willfährige Käuferschicht produzieren. […]

Zwar sprechen alle von Filmbildung, aber wenige davon, Kinos in Schulen oder Seniorenheimen einzurichten. Die niederländische Architektin Ellen van Loon zeigt, dass es geht, und baute für das Architekturbüro OMA in Rotterdam, für das auch Rem Koolhaas tätig ist, in eine Schule neben einer Rooftop Bar auch ein Kino.

Lars Henrik Gass, filmdienst.de, 17.05.2023 (online)

Onlinefilm.org

Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
Out of Space
Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)