“Medien sollten – im Angesicht des Terrors – nahezu etwas Unmögliches versuchen, ihre Differenzierungsbemühungen müssen ebenso radikal sein wie die Differenzierungsverweigerung des Täters, wobei stets im Auge behalten werden muss, ob solche Anstrengungen Opfer fordern könnten. Humanität muss auch da herrschen, wo man sich mit inhumanen Taten auseinandersetzt, unmenschliche Menschen gibt es nicht.
Die Medien werden – ob sie wollen oder nicht – dort zu Komplizen von Terror und ähnlicher tödlicher Gewalt, wo sie, statt Informationen zu liefern, Gefühl und Unsicherheit eher verstärken und so die Angst schüren. Die ausgedehnte „Tagesschau“ etwa nach dem terroristischen Amoklauf am 22. Juli im Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) in München produzierte immer neue Verunsicherungen, verlor sich in Mutmaßungen, verbot sich zwar fortwährend das Spekulieren und spekulierte dann doch, zeigte stammelnde Moderatoren und Journalisten, die mit ungesichertem Medienmaterial aus den sozialen Netzwerken konfrontiert wurden, ohne es verlässlich deuten zu können, das hatte mitunter nahezu Slapstick-Charakter. So werden Medien zu Resonanzflächen des Vagen, der Emotion, liefern sich und uns der Ungewissheit aus, wo sie doch Gewissheit herstellen sollten. Die Illusion, man könne live Infos verdichten, analysieren, bewerten und kommentieren, wurde selten so offenkundig als Illusion entlarvt.”
Torsten Körner, Medienkorrespondenz, 22.08.2016 (online)
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