Wer heute für Lügen, Übertreibungen und Verschwörungstheorien empfänglich ist, ist in der Regel durch die etablierten Medien sozialisiert worden. Es stellt sich also unter anderem die Frage, warum diese nicht in der Lage waren, ihren (einstigen) Lesern und Zuschauern ausreichend Medienkompetenz zu vermitteln. Haben die etablierten Medien ihren Bildungsauftrag, der im Fall des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in den Landesrundfunkgesetzen und im Rundfunkstaatsvertrag festgeschrieben ist, untererfüllt – und dadurch dazu beigetragen, dass weite Teile der Bevölkerung sich im Nachrichtennebel verirren und empfänglich geworden sind für Falschberichterstattung und Lügen? Rächt sich nun die langjährige Unterforderung des Publikums? Eine entsprechende Analyse steht noch aus. Ob sich aus ihr produktive Schlüsse ziehen lassen für einen künftig besseren Journalismus, steht freilich auf einem anderen Blatt.
René Martens, Medienkorrespondenz 5/2017, S. 24 f. (online)