Diese Frage stellt Andrian Kreye nach einer Rede des neuen Berliner Kultursenators Tim Renner. Dabei warnte er die Buchbranche davor, die gleichen Fehler zu machen wie die Musikindustrie, die die digitale Revolution viel Umsatz gekostet hat. Es sei sentimental, auf alten Methoden zu beharren, sagte Renner. Und er zitierte eine verschärfte Version der beliebten Pferdekutschenmetapher: „Dass es das Buch 500 Jahre lang gibt, ist kein gutes Argument. Ochsenkarren waren Tausende Jahre alt, bevor das Auto kam.“
Andrian Kreye verweist darauf, dass es in all den „digitalen Kulturdebatten“ bisher selten um Kultur, sondern zumeist um „Logistik, Bürokratie, Rechtsfragen, Vertriebs-, Präsentations- und Geschäftsmodelle“ ging. Dies greift für ihn zu kurz.
„Der Siegeszug des betriebswirtschaftlichen, bürokratischen Geistes aber hat den kulturellen Diskursen die Seele geraubt. Wem Fragen um Vertriebs- und Bezahlsysteme den Schlaf rauben, der kümmert sich nicht um das, worum es in der Kultur eigentlich geht – um Leidenschaft, Haltung, Ideen und Ästhetik, um Träume, Wut, Verzweiflung und Glück, um all das eben, woraus man Songs, Symphonien, Gemälde und Filme machen kann. Wahrscheinlich wäre Berlin ein guter Ort für den Beginn der Konterrevolution.“
Andrian Kreye, Süddeutsche Zeitung, 15. April 2014