Wie der RBB politische Ausgewogenheit definiert

„Vor der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus plant der rbb in seinem Fernsehprogramm eine Reihe von Gesprächsrunden“, teilte der RBB am 27. Juli mit. „Dabei soll Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) zunächst mit seiner Herausforderin Renate Künast von den Grünen und dann auch mit Frank Henkel von der CDU diskutieren. Die genauen Termine dafür stehen allerdings noch nicht fest.

Darüber hinaus soll es am 30. August eine Gesprächsrunde mit den Spitzenkandidaten der Parteien geben, die im Abgeordnetenhaus vertreten sind. Am 1. September werden dann auch die Kandidaten der „kleineren Parteien“ zu einem TV-Gespräch gebeten.“

Die Berliner Zeitung brachte die „Innovation“ so auf den Punkt: „TV-Duelle zweier Spitzenkandidaten gibt es nahezu in jedem Wahlkampf. Aber dass ein Regierungschef kurz nacheinander gegen zwei Herausforderer von zwei verschiedenen Parteien antreten soll, noch dazu im selben Fernsehsender, ist in Deutschland bislang noch nicht vorgekommen.“ Am 6. September solle es eine Rededuell zwischen Klaus Wowereit und Frank Henkel CDU) geben, zwei Tage später soll das Duell des Regierenden Bürgermeisters mit Renate Künast folgen.

 

 

Alle vom RBB geplanten Sendungen sollen 45 Minuten dauern. Wenn man von einer Gleichverteilung der Redezeit in den jeweiligen Sendungen ausgeht, dann bekommen Klaus Wowereit (SPD) 54 Sendeminuten, Frank Henkel (CDU) und Renate Künast (Grüne) jeweils 31,5 Sendeminuten und Christoph Meyer (FDP) sowie Harald Wolf (LINKE) je neun Minuten Redezeit im Fernsehen.

In § 4 RBB-Staatsvertrag heißt es: „Der Rundfunk Berlin-Brandenburg trägt durch die Herstellung und Verbreitung seiner Programme und Angebote zur freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung bei. Dabei stellt er sicher, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen in der Gesamtheit seiner Programme und Angebote ausgewogen und angemessen Ausdruck findet.“

Der RBB ist der Meinung, er habe ein ausgewogenes Konzept und wird dem gerecht. „Der rbb wies den Vorwurf der Unausgewogenheit zurück. Es sei eine journalistische Entscheidung darüber gefallen, welche Spitzenkandidaten sich als Herausforderer des Regierenden Bürgermeisters Wowereit präsentierten. Zudem sei der Vorwurf der Unausgewogenheit angesichts des rbb-Gesamtprogramms haltlos.“

Auf die Frage, nach welchen Kriterien über die Duelle befunden wurde, antwortete ein Sprecher gegenüber Neues Deutschland, das sei „eine journalistische Entscheidung angesichts der Gesamtkonstellation in der Stadt“ gewesen. Er erklärte weiter: „Umfragewerte spielen eine Rolle, aber auch die Frage, wer mit welchen Ambitionen antritt.“

Die Berliner Zeitung zitiert RBB-Sprecher Justus Demmer, dass man „unter journalistischen Gesichtspunkten entschieden“ habe. Und aus der journalistischen Sicht des RBB gibt es nur zwei Wowereit-Herausforderer. Nämlich Renate Künast und Frank Henkel. Allerdings muss man feststellen, dass derzeit Frank Henkel dieselben Chancen hat, Bürgermeister zu werden, wie Harald Wolf. Deshalb erklärt der RBB noch, dass man berücksichtigt habe, dass es Politiker gebe, die sich als Herausforderer bezeichnen würden.

Die Berliner Zeitung verweist darauf, dass der RBB nur ein Duell wollte: mit Renate Künast und Klaus Wowereit. Doch man habe dem Druck der CDU nachgegeben.

Auch wenn die ARD-Anstalten in der Vorwahlberichterstattung unterschiedliche Konzepte verfolgen, in einem sind sie sich ähnlich: Die Kriterien, die für andere als Grundlage zur Berichterstattung gelten, gelten für die LINKE nicht. (Siehe NDR)

Wieder einmal beruht die Entscheidung nicht allein auf journalistischen Kriterien. Es reicht auch aus, sich – unabhängig von den Erfolgsausschichten – zum Herausforderer zu erklären und kraftvoll zu intervenieren, wenn es anders läuft, als man will. Zumindest dann, wenn man in der SPD oder CDU ist. Schließlich hängt ja die Zukunft der Sender vor allem von den Ministerpräsidenten von CDU und SPD ab.

Über das RBB- Konzept und die aktuelle Kritik daran kann der RBB-Rundfunkrat nicht mehr debattieren. Die nächste Sitzung findet am 8.September, dem Tag des letzten Duells, statt.

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Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
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