Wer erzählt unsere Geschichten (II)

Ich habe den Eindruck, dass Geschichten aus der DDR heute hauptsächlich aus westdeutscher Sicht erzählt werden. Dass wir andere Erfahrungen und natürlich andere Perspektiven haben, finden viele meiner westdeutschen Kollegen immer noch überraschend. Jedenfalls sehe ich selten einen Film über die DDR, wo das Gefühl stimmt, und ich mich mit meinen Erfahrungen und meiner Sicht widergespiegelt finde. Bei der Finanzierung unseres Films bekamen wir von einer Förderung in erster Instanz eine Ablehnung. Mit dem Argument: Gundermann sei nur so ein Einzelschicksal. Das sei ja nicht verallgemeinerbar, das würde man nicht verstehen. Andi Dresen konterte: „Aber wenn ich jetzt über Rio Reiser erzählen würde, dann würden Sie es verstehen, oder? Obwohl das auch nur ein Einzelschicksal ist.“ Und immerhin in zweiter Instanz bekamen wir die Förderung. Da hab ich gedacht, wir müssten insgesamt auch selbstbewusster auftreten, so wie Andi in dieser Situation. Mag sein, dass wir im Osten Geborenen bestimmte Dinge nicht so aufbereiten können, dass sie allgemein verständlich werden. Vielleicht bleiben Leerstellen, Fragen offen. Na und? Darüber kann man doch diskutieren. Mir geht es ja auch oft so, dass ich Filme über den Westen sehe, die ich nicht restlos verstehe, zum Beispiel über West-Berlin in den Siebzigern oder Achtzigern. Da sind für mich auch Leerstellen, da kommen Codes vor, die ich nicht kenne. Eigentlich sollten wir genau das benutzen, um ins Gespräch zu kommen.

(Laila Stieler: Meine Reue kriegt ihr nicht. In: Andreas Leusink (Hg.): Gundermann. Aufbau Verlag 2022. S. 121)

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Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
Out of Space
Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)