Mein Fazit zur aktuellen Diskussion um den Rundfunkbeitrag

 

Ich habe für die Linksfraktion im Bundestag ein Kurzgutachten zu den aktuellen Diskussionen um den Rundfunkbeitrag (pdf) erstellt. Darin komme ich zu folgendem Fazit:

Die damalige ARD-Vorsitzende Monika Piel betonte im Dezember 2012, dass dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk nachdrücklich daran gelegen sei, keine sozialen Härten entstehen zu lassen. Gleichzeitig verwies sie jedoch darauf, dass die neuen gesetzlichen Regelungen nicht einfach zur Disposition der Rundfunkanstalten stehen: „Wir können Vorschriften nicht in ihr Gegenteil verkehren. Es besteht aber sicher breiter gesellschaftlicher Konsens, gerade für Menschen in Pflegeheimen keine zusätzlichen Belastungen zu schaffen.“

 

Dieses Beispiel zeigt: Die Sender haben einen Handlungsspielraum. Den haben sie in der letzten Zeit nicht nur einmal genutzt.

 

So verzichten sie – trotz entsprechender Regelungen im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag – auf:

– eine Rundfunkbeitragserhebung in Kleingärten (Bauten mit mehr als 24 Quadratmeter Grundfläche),

– eine Rundfunkbeitragserhebung in Pflegeheimen,

– Haustürkontrollen durch die „Beitragsbeauftragten“ und

– vollumfängliche Anwendung der staatsvertraglichen Möglichkeiten zur Datenerfassung der Beitragszahler.

 

Auf die aktuellen Probleme muss jedoch vor allem der Gesetzgeber reagieren. Dieser hat den Rundfunkbeitragsstaatsvertrag erarbeitet. Dieser muss ihn novellieren. Allerdings will er sich dafür viel Zeit lassen. „Zwei Jahre nach Inkrafttreten dieses Staatsvertrages ist eine Evaluierung vorgesehen, um festzustellen, ob die angestrebten Ziele erreicht wurden.“  Wenn die Evaluierung also erst im Jahre 2015 stattfindet, wird ein neuer Staatsvertragsentwurf kaum vor Anfang 2016 durch die Ministerpräsidenten verabschiedet und Ende 2016 durch die Landtage ratifiziert sein. Veränderungen im Rahmen dieses Verfahren können also wahrscheinlich erst zum 1. Januar 2017 in Kraft treten. Selbst wenn die Evaluierung eher beginnen sollte, so im Frühjahr 2014, wenn der erste Zwischenbericht der KEF vorliegt, werden Änderungen am Beitragsmodell wohl frühestens zum 1. Januar 2016 wirksam werden.

In diese Richtung geht auch eine Äußerung des langjährigen rheinland-pfälzischen Staatskanzleichef Martin Stadelmaier (SPD), der am 22. Januar 2013 einer baldigen Reform eine Absage erteilte. „Es wird mit Sicherheit keine kurzfristigen Änderungen geben“, sagte er dem epd. Die Kritik an der Umstellung sei vorhersehbar gewesen: „Jedes neue System generiert Widerstände.“ Dass in Einzelfällen durch die Reform höhere Kosten anfallen, sei den Medienpolitikern klar gewesen, so Martin Stadelmaier. Für die Masse der ehrlichen Wirtschaftsunternehmen sei das neue Gebührenmodell jedoch ein Fortschritt. Zudem hat er sich gegen „eine Erhöhung der Rundfunkbeiträge ausgesprochen. Das neue System werde nur dann auf allgemeine Akzeptanz stoßen, wenn die Beiträge über einen gewissen Zeitraum hinweg stabil blieben, sagte er.“

 

Auch wenn immer wieder betont wird, dass sich für 90 % der Betroffenen im privaten Bereich nichts geändert habe: Es verbleiben 10 %, für die sich etwas geändert hat. Das sind über 4 Millionen Betroffene. Der vorliegende Rundfunkbeitragsstaatsvertrag hat vor allem die Großunternehmen und die Hotelbranche sowie Wohngemeinschaften und Familien (mit volljährigen, bei den Eltern wohnenden Kindern) entlastet. Andere, wie u.a. Menschen mit Behinderungen, gemeinnützige Vereine, Nur-Radio- und -PC-Nutzer, Kommunen und Land-kreise, Filialunternehmen sowie Hostels und Jugendunterkünfte, werden zusätzlich belastet – zum Teil entgegen der Intention des Gesetzgebers.

Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag bringt für einen Teil der Beitragszahler nicht weniger, sondern mehr Verwaltungsaufwand. Er befördert nicht die soziale Gerechtigkeit und stärkt nicht die gesamtgesellschaftliche Akzeptanz der öffentlich-rechtlichen Sender.

Es besteht medienpolitischer Handlungsbedarf. Die Ministerpräsidenten haben in der Vergangenheit schon bewiesen, dass sie zu schnellen Novellierungen in der Lage sind. So müssen sie sich nur auf einen Konsens einigen. Selbst bei einem normalen parlamentarischen Verfahren könnten entsprechende Änderungen innerhalb der nächsten 6 Monate Gesetzes-kraft erlangen.

 

Onlinefilm.org

Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
Out of Space
Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)