Fernseh-Vollprogramme müssen mindestens 10 Prozent Bildungsanteil haben

Laut Rundfunkstaatsvertrag (§ 2 Begriffsbestimmungen, Absatz 2 RFSTV) sind Vollprogramme (also öffentlich-rechtliche wie private) Rundfunkprogramme

mit vielfältigen Inhalten, in welchem Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung einen wesentlichen Teil des Gesamtprogramms bilden

Unter Bildung ist dabei

insbesondere Folgendes zu verstehen: Wissenschaft und Technik, Alltag und Ratgeber, Theologie und Ethik, Tiere und Natur, Gesellschaft, Kinder und Jugend, Erziehung, Geschichte und andere Länder.

 

Zum Programmauftrag (§ 11) der öffentlich-rechtlichen Sender heißt es:

Auftrag der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ist, durch die Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen. Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben in ihren Angeboten einen umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben. Sie sollen hierdurch die internationale Verständigung, die europäische Integration und den gesellschaftlichen Zusammenhalt in Bund und Ländern fördern. Ihre Angebote haben der Bildung, Information, Beratung und Unterhaltung zu dienen. Sie haben Beiträge insbesondere zur Kultur anzubieten. Auch Unterhaltung soll einem öffentlich-rechtlichen Angebotsprofil entsprechen.

Im Beck’schen Kommentar zum Rundfunkrecht (3. Auflage) ist dazu näher ausgeführt:

Umstritten ist, wie die Voraussetzung zu verstehen ist, dass Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung „einen wesentlichen Teil des Gesamtprogramms“ bilden. Der naheliegende Versuch, hierbei an quantifizierte Programmteile anzuknöpfen. Führt allerdings zu einer Scheinpräzision, da schon die Bildung von Kriterien für eine empirische Überprüfung ebenso problematisch ist wie die konkrete Einstufung. Ob ein Angebot auf die Funktionen hin ausgerichtet ist, die der Gesetzgeber von einem Vollprogramm erfüllt sehen möchte, wird von dem Gepräge des Gesamtprogramms abhängen, bei dem die Anteile der unterschiedlichen Genres allerdings eine Rolle spielen.

Zu Recht wird in der Literatur davon ausgegangen, dass jeder dieser Bereiche einen erkennbaren Teil des Gesamtprogramms darstellen muss (angegeben wird eine Untergrenze von 10%). Die amtliche Begründung geht demgegenüber davon aus, dass diese Bereiche zusammen einen wesentlichen Teil des Gesamtprogramms prägen müssen. … Ein Vollprogramm kann daher nur vorliegen, wenn Information, Bildung, Beratung und Unterhaltung je für sich genommen nicht nur im Programm vertreten sind, sondern einen erkennbaren Bestandteil am Gesamtprogramm darstellen; die genannte Untergrenze von 10% mag als Anhaltspunkt dafür dienen, ob es sich dem Gepräge nach um ein Vollprogramm handelt.

(Werner Hahn, Thomas Vesting (Hg.): Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht. 3. Auflage, S. 146)

 

Bezugspunkt für das Fernsehen ist also die Begriffsbestimmung für ein Rundfunkprogramm nach § 2. Aus dem RFSTV sowie dem dazugehörigen Kommentar kann man ableiten:

  1. Bildungsangebote müssen Bestandteil eines Vollprogramms sein.
  2. Die Bildungsangebote müssen bei einem Vollprogramm einen Anteil von mindestens 10% ausmachen.
  3. Zur Bildung gehören insbesondere folgende Themen:
    1. Wissenschaft und Technik,
    2. Alltag und Ratgeber,
    3. Theologie und Ethik,
    4. Tiere und Natur,
    5. Gesellschaft, Kinder und Jugend,
    6. Erziehung,
    7. Geschichte und
    8. andere Länder

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