Ich habe begreifen müssen, wie diese Affektökonomie funktioniert und warum sie auch Menschen erfasst, die man für vernünftig gehalten hatte. Solche Kampagnen können offenbar virulente Ressentiments abrufen, auch gegen ein Festival wie in Oberhausen mit seiner universalistischen Sicht auf die Welt. […]
Es gibt, vor allem im Hochschulbereich, ein sehr kleines Feld von Aktivismusunternehmern, die diese Technik der Skandalisierung regelrecht professionalisiert haben. Dazu gehören die anonyme Absenderschaft und eine Prosa, die an diffuse zivilgesellschaftliche Vorstellungen von Humanität und Weltoffenheit appelliert, um einen möglichst großen Kreis von Leuten in kürzester Zeit mobilisieren zu können. Es handelt sich um antidemokratische Kräfte, die ihre partikularen Interessen durchsetzen wollen, indem sie Ressentiments bewirtschaften. […]
Ich stand vor einer Entscheidung: entweder öffentliche Unterwerfung – oder öffentlich zu erzählen, was gerade passiert. Und genau das habe ich versucht, in der Hoffnung, dass daraus Konsequenzen gezogen werden.
Lars-Henrik Gass, welt.de, 02.09.2024 (online)