Musks Denkstil, so hat Simon Kuper in der „Financial Times“ dargelegt, scheint geprägt durch seine Kindheit im Südafrika der Apartheid. In Pretoria wurde er 1971 als Sohn einer wohlhabenden Buren-Familie geboren. Die größte Bedrohungsangst der weißen Siedler war stets, dass sich die schwarze Bevölkerung eines Tages erheben würde. Die Aufrechterhaltung der Ungleichheit war eine Überlebensstrategie. Anders als der aus Frankfurt gebürtige Silicon-Valley-Investor Peter Thiel, der zeitweilig ebenfalls in Südafrika aufwuchs, war Musk zunächst kein Anhänger ethno-ständischer Gesellschaftsordnungen. Der Chef des Elektroautobauers Tesla profilierte sich als ökonomisch Libertärer mit politisch moderaten, sogar linksliberalen Einstellungen. Er unterstützte Bill Clinton, Barack Obama und Joe Biden.
Was hat Musk also auf die autoritäre Flugbahn gebracht? Die Wirtschaftsjournalisten Kate Conger und Ryan Mac schildern in ihrem Buch „Character Limit“ mehrere Trigger-Ereignisse, die sich in einem Zeitraum von nur wenigen Jahren ereigneten. Musk betrachtete die Black-Lives-Matter-Proteste äußerst kritisch. Die Anziehungskraft der neuen Bürgerrechtsbewegung erklärte er mit einem sogenannten „Woke Mind Virus“, der die sozialen Medien, aber vor allem auch die Unternehmen infiziert habe, die auf Diversity-Programme setzten. Musk war wie alle Libertären immer ein Verfechter der radikalen Meritokratie, in der harte Arbeit und individuelle Fähigkeiten als die einzig legitimen Voraussetzungen für Erfolg gelten. Diversity-Programme unterhöhlen in seiner Sicht die meritokratische Idee.
Carolin Amlinger, Oliver Nachtwey, faz.net, 02.01.2025 (online)