“… gewiss ist, dass die Kindersender unglaublich viel Sendezeit füllen müssen, deshalb kaufen sie alles, was irgendwie zappelt. Ich erkenne leider keine Konzepte mehr. Möglicherweise hängt das mit einer veränderten Programmfindungsstruktur zusammen. Zu unserer Zeit hatten die Redaktionen ein Mitspracherecht bei der Programmplanung. Was ich beim ZDF produziert habe, durfte ich auch zumindest in Vorschlagsform in den Sendeplan einbringen. Heute, das ist mein Eindruck, teilt die Planungsabteilung den Redaktionen mit, was sie braucht und wo sie es braucht. Die Redakteure führen diesen Auftrag dann aus. Die Leute in der Planung kennen aber natürlich nur, was ihnen schon mal begegnet ist. Innovativ zu denken, das ist nicht ihre Aufgabe. Deshalb wird die Phantasie nicht gefordert. Weil man in der Planung auf die Quote fixiert ist, wirkt das Fiktionsprogramm von ARD und ZDF insgesamt eintönig und mutlos, wie die vielen Krimis belegen. Ideen für Alternativen gäbe es genug, sie werden aber meist mit dem Hinweis abgeblockt, es sei kein Geld da. Das Argument lasse ich jedoch nicht gelten – es war noch nie genug Geld da. Auch hier ist Phantasie gefragt; angesichts der medialen Globalisierung müssten sich doch andere Wege finden lassen. Ich habe aber den Eindruck, dass die Redaktionen ängstlich geworden sind und ungern Verantwortung übernehmen. Sie denken viel zu sehr in Vermarktungsparametern. Wenn man heute eine Serie vorschlägt, wird man erst mal gefragt, ob der Stoff Markencharakter hat und schon mal irgendwo in einem anderen Medium erfolgreich war. Es fehlen bei ARD und ZDF das Selbstvertrauen und der Mut, selbst eine Marke zu schaffen.”
(Josef Göhlen, Medienkorrespondenz 25/2016, S.7 online)