Zitiert: Trends der Radionutzung 2023

Audioangebote erreichen täglich 81 Prozent der deutschen Bevölkerung und werden von diesen durchschnittlich 175 Minuten lang gehört. Gegenüber dem Vorjahr nimmt die tägliche Audio Nutzungsdauer damit um fünf Minuten zu. […] Radio ist mit einer Tagesreichweite von 68 Prozent das mit Abstand meistgenutzte Audioangebot. […]

Ein Blick in die regelmäßigen Nutzungszahlen (mindestens 1x pro Woche) nach Altersgruppen zeigt, dass es einen klaren Zusammenhang zwischen dem Alter und der Nutzung von Audioanwendungen gibt. Radiohören ist in allen Altersgruppen ab 30 Jahren mit Reichweiten über 73 Prozent die beliebteste Audioanwendung. In der jungen Zielgruppe der 14- bis 29-Jährigen hingegen stehen Musik-Streamingdienste mit 80 Prozent an der Spitze und erst an zweiter Stelle Radio mit 63 Prozent regelmäßiger Nutzung. Neben Musikstreaming haben auch die Online-Audioangebote via YouTube (50 %) und Podcasts/zeitversetzte Radiosendungen (49 %) die höchsten Reichweiten in den jungen Zielgruppen. […]

Der Stellenwert und vor allem die Wertschätzung der Nutzerinnen und Nutzer zeigt sich insbesondere durch die Dauer, die mit einem Medium täglich verbracht wird. Diese Zeitspanne kann als Indikator für die Bindung der Menschen an das Medium interpretiert werden. Die Analyse der Audionutzungsdauern nach Altersgruppen dokumentiert, dass die unter 30-Jährigen am stärksten vom Bevölkerungsdurchschnitt abweichen. Sie haben ihre Audiozeit im Jahresvergleich leicht erhöht auf 159 Minuten pro Tag und verteilen diese im Vergleich der Altersgruppen am vielfältigsten auf alle verfügbaren Audioanwendungen, insbesondere auch auf die Onlineangebote. […]

Bei den unter 30-Jährigen übertrifft die Audionutzungskurve ab 15.00 Uhr die der Gesamtbevölkerung, das heißt, im Gegensatz zum Bevölkerungsdurchschnitt sind der Nachmittag und der Vorabend die Audio-Primetime bei unter 30-Jährigen. Liegt ihr Nutzungsschwerpunkt von Radio in der ersten Tageshälfte, größtenteils bedingt durch den Besuch der Ausbildungsstätten auf deutlich niedrigerem Niveau als in der Gesamtbevölkerung, steigt am Nachmittag die Musikstreamingkurve merklich auf das Niveau der Radionutzung an. […]

Der allgemeine Trend einer stagnierenden Online-Audionutzung zieht sich quer durch alle Altersgruppen. Insbesondere bei der regelmäßigen (d. h. wöchentlichen) Zuwendung zu den verschiedenen Angebotsclustern zeigt sich kaum Bewegung, und wenn doch (bei Radio-Livestreams), ist die Entwicklung eher rückläufig. Auch was die Reichweite am Durchschnittstag angeht, zeigt sich in allen Teilgruppen ab 30 Jahren Stabilität.

Weiteres Wachstumspotenzial für Audioplattformen und Podcasts eröffnen die 14- bis 29-Jährigen: Gegen den Trend steigen bei ihnen die Tagesreichweiten für Musik bei Streamingdiensten (von 44 % im Jahr 2022 auf 53 %) und für Podcasts bzw. Radiosendungen auf Abruf (von 19 % auf 24 %) dynamisch weiter an. Der hohe Zuwachs für Spotify & Co. geht dabei in Teilen zulasten der Musiknutzung auf YouTube. […]

Bei den 14- bis 29-Jährigen setzt sich trotz der Erholung der Hördauer für Radio der bereits seit Jahren feststellbare Trend fort, dass Audio-on-Demand und hier speziell die Musiknutzung über digitale Plattformen, den größeren Teil des Audio-Zeitbudgets für sich beanspruchen.

Ein Ende ist hier nicht abzusehen, denn mit TikTok mischt bereits eine weitere, bei jungen Menschen dynamisch wachsende Plattform kräftig bei der Musiknutzung mit. Ob dies einseitig zulasten von YouTube gehen – wofür die vorliegenden Studien erste Hinweise liefern – oder zu einer weiteren Ausweitung des Musikkonsums bei jungen Menschen führen wird, bleibt abzuwarten. Dass sich die Audionutzung junger Menschen in ihrem Charakter und ihren Inhalten mittel- bis langfristig betrachtet immer weiter von derjenigen der Altersgruppen ab 30 Jahren abkoppelt, zeigt sich nicht zuletzt aufgrund anderer Audio-Primetimes im Tagesablauf und der starken Fokussierung auf das Universalgerät Smartphone (im Audiobereich Zugangstor v. a. für Musikstreaming und Podcasts und weniger für lineares Radio). Statistische Korrelationsanalyse untermauern dies: Sie zeigen, dass der negative Zusammenhang zwischen Musikstreaming- und Podcastnutzung auf der einen und linearem Radiokonsum auf der anderen Seite sich allein durch das (junge) Alter der Nutzer erklärt. Wird diese Kontrollvariable aus der Gleichung genommen, unterstützen sich lineares Radio und Audio-on-Demand sogar. […]

Das weiter voranschreitende Auseinanderdriften zwischen dem ganz jungen und dem älteren Audiopublikum ist auch eines der wesentlichen Kernergebnisse der aktuellen Wellen der Studienreihen ARD/ZDF-Massenkommunikation Trends und ARD/ZDF-Onlinestudie (speziell für den Teilbereich der digitalen Audionutzung). Das zeigt sich anhand der voranschreitenden Habitualisierung von Musikstreaming und Podcasts im Medienalltag der 14- bis 29-Jährigen, die sich an den steigenden Tagesreichweiten ablesen lässt. Dagegen ist die Diffusion von Musikstreaming und Podcasts im Alterssegment ab 30 Jahren – nach den größeren Zuwächsen vor allem zu Beginn der Corona-Pandemie – vorerst zum Halten gekommen und so zeichnet sich – bezogen auf die Gesamtbevölkerung – eine erste Phase der Stagnation ab. Das heißt für die Anbieter, dass sich der Wettbewerbsdruck um die Aufmerksamkeit und die Zeitbudgets des aktuell nicht mehr wachsenden Publikums verschärft. In diesem Marktumfeld kann Spotify seine ohnehin schon dominante Stellung 2023 weiter ausbauen – im digitalen Audiomarkt insgesamt ebenso wie im Teilbereich der Podcastnutzung. Da der Audio-Platzhirsch vor allem beim jungen Publikum dominiert, dürften Wachstumschancen für andere Anbieter – gerade auch für etablierte Radiomarken – vor allem darin liegen, audioaffine 30- bis 69-Jährige für On-Demand-Angebote zu begeistern, um die aktuell pausierende Erfolgsgeschichte von Onlineaudio in den nächsten Jahren weiter fortzuschreiben.

Andreas Egger, Karin Gattringer: Kontinuität statt Disruption: Der Audiomarkt nach Corona, Media Perspektiven 25/2023 (online)

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