In den USA ist kürzlich etwas Interessantes passiert. Seit Anfang des Jahres will Spotify erst ab 1.000 Aufrufen für einen Song Geld ausbezahlen. Für die Interpreten ist das möglich: Deren Tantiemen sind durch private Verträge geregelt. Auf der Seite der Songwriter ist es aber nicht möglich, denn deren Tantiemen sind in den USA gesetzlich geregelt. Das finde ich sehr aufschlussreich. Wenn auch die Tantiemen der Interpreten gesetzlich geregelt wären, wäre nichts passiert. Die Streaming-Industrie ist groß und die Major-Labels sind ein sehr symbiotischer Machtapparat. Es ist unwahrscheinlich, dass die große soziale Revolution innerhalb dieser Strukturen passieren wird. Seitdem ich nicht mehr für Spotify arbeite, habe ich jedoch viel mit kleinen Start-ups gesprochen, die sich einzelne Teile der Musikindustrie ansehen und sagen: Das ist kaputt. Wie können wir es reparieren und es ethischer und prinzipienfester machen? Die meisten von ihnen werden scheitern. Die meisten Start-ups scheitern. Selbst die, die scheitern, können vielleicht kleine Brüche im System hinterlassen. Fortschritt passiert, wenn man den Kurs großer Schiffe leicht korrigiert, und den kleiner Schiffe stark.
Mathis Raabe, taz.de, 04.07.2024 (online)