Wir springen zu kurz, wenn wir bloß über runde Tische, Expertenkommissionen oder politische Zuständigkeiten diskutieren. Das lenkt von wesentlichen Fragen ab. Wir brauchen konkrete inhaltliche Vorschläge. Nicht populistisch zu gedeckelten Rundfunkbeiträgen oder zur Abschaffung von Orchestern und Hörfunkwellen. Sondern grundsätzlich: Was erwarten Einzelne und Gesellschaft von den Sendern? Wie soll die Medienlandschaft der Zukunft aussehen? Welche Rolle spielen öffentlich-rechtliche Angebote darin? […]
Wir müssen dazu nun gesellschaftlich definieren, was öffentlich-rechtliche Qualität bedeutet, welche thematische Vielfalt und welche Allgemeinheitsansprüche damit verbunden sind. Sicher ist, dass öffentlich-rechtliche Angebote nicht bloß die Ausfallbürgschaft für mediales Marktversagen an anderer Stelle sind. […]
Es braucht Investitionen in vertiefende Hintergrundberichterstattung und in gute Erklärformate. Wir wissen doch längst, wie beliebt die niedrigschwellige Vermittlung der von Kindern so geliebten Logo-Nachrichten inzwischen auch bei Erwachsenen ist. […]
Ins Zentrum gehören deshalb nicht die Sendeanstalten, sondern die Inhalte. Wir brauchen einen Pool an öffentlich-rechtlichem Programm. Informierend und kritisierend, kulturell und musikalisch, bildend und unterhaltend, debattierend und kommentierend – jenseits linearer Senderprofile eigenständig erkennbar. Die Angebote sind künftig vom Digitalen aus zu denken. Die inhaltlichen Dopplungen, die so oft diskutiert werden, fallen dann wie automatisch auf – und weg. Das macht Mittel frei für Neues. […]
Es ist bemerkenswert, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk keine ausgeprägte Story zu sich selbst erzählen kann. Dass Fragen nach der Qualität oft in Tautologien enden. Die kreativen Köpfe sitzen doch in den Redaktionen und Abteilungen der Rundfunkanstalten.
Carsten Brosda, sueddeutsche.de, 10.11.2022 (online)