Es ist eine große und unbedingt zu verteidigende kulturelle Errungenschaft, wenn das N-Wort in Wort und Schrift grundsätzlich mal nicht mehr gebraucht wird – genauso allerdings wie der Umstand, dass man in historischem, aufklärerischem, didaktischem Zusammenhang absolut damit arbeiten kann.
Von daher hätte sich Annalena Baerbock für nichts entschuldigen müssen. Die Verwendung des N-Worts, so schrieb sie auf Twitter, „war falsch und das tut mir leid. Denn ich weiß ja um den rassistischen Ursprung dieses Wortes und die Verletzungen, die schwarze Menschen unter anderem durch ihn erfahren“. Durch ihre unbedachte Verwendung werde das N-Wort „reproduziert“.
Was für eine interessante Logik: Man versucht, den Rassismus aus der Welt zu schaffen, indem man die Begrifflichkeiten dafür aus der Welt schafft. Das hat noch nie hingehauen. Wer nachhaltig in die Köpfe und vielleicht auch in die Geschichte dringen will, muss die Dinge beim Namen nennen.
Christian Seidl, Berliner Zeitung, 30.07.2021 (online)