In ihrem Positionspapier empfahl die Eidgenössische Medienkommission (EMEK) auch, ein Qualitätslabel für Journalismus durchzusetzen: „Aus Sicht der EMEK sollte die publizistische Medienbranche ihr Profil gegenüber Blogs, Corporate Publishing, Content Marketing, Native Advertising und anderen alternativen Angeboten schärfen und ihre publizistischen Leistungen wirksamer ausweisen. So könnte die Branche ein Qualitätslabel einführen bzw. eine Form der Zertifizierung von journalistischen Inhalten vornehmen, in für die Nutzerinnen und Nutzer erkennbarer Abgrenzung zu medienähnlichen Angeboten.“ …
Ein Gedankenexperiment: Jede Publikation, die als journalistisch wahrgenommen werden will, unterwirft sich Richtlinien der Faktenauswahl, Faktenerarbeitung und geschäftlicher Transparenz, an die sie sich halten will. Ein von allen Publikationen gewähltes Gremium funktioniert als Beschwerdestelle, welche bei möglichen Verstössen gegen die Richtlinien angerufen werden kann. Besonders wichtig: Bei Verstössen muss die Rüge prominent und dauerhaft publiziert werden. Im Gegenzug darf die Publikation das Etikett „Journalismus“ tragen. …
Sein wichtigster Effekt wäre, dass sich alle positionieren müssen. Vom YouTuber oder der Influencerin bis zum Nischenjournalismusprojekt, der Kundenzeitung und den grossen Newsportalen. Klar könnte es sein, dass die grossen Verlage nicht mitmachen. Es würde bedeuten, dass ihre Medientitel Werbung und PR nicht mehr augenzwinkernd mit Journalismus anreichern könnten. …
Eine freiwillige Zertifizierung würde Ehrlichkeit und Transparenz verlangen. Sie würde die Konflikte zwischen Kapitalismus und Demokratie viel schonungsloser offenlegen. Sie würde zeigen, weshalb sich gewisse Medienunternehmen und politische Parteien und PolitikerInnen nicht deutlicher zum Journalismus bekennen.
Pascal Sigg, infosperber 16.12.2021 (online)