Das Gutachten kommt unter anderem zu dem Befund, dass die Mitarbeitenden kein Vertrauen in die Geschäftsführung haben, Orientierung und klare Entscheidungen vermissen. Führungskräfte scheuten sich, Risiken einzugehen und eigenständige Entscheidungen zu treffen, heißt es. […] Amtsinhaber sind ja gelegentlich etwas gehandicapt, sich mit den Akteuren der Länder anzulegen. […] Aber dass es ein so generelles Problem gibt, dass Führungsvorgaben fehlen, Strategien fehlen, die Bereitschaft, Dinge durchzusetzen im Dialog von oben nach unten, das ist eine alarmierende Bestandsaufnahme. […]
Führungskräfte sagen ja immer, dass sie Führungskräfte sind, weil sie bereit sind, Verantwortung zu übernehmen. Aber das muss sich dann auch mal in Realität umsetzen. Und ich weiß nicht, wie das hier geschehen soll, wenn dieselben Leute, denen gestern noch eklatante Mängel bescheinigt wurden, morgen anfangen sollen, an der Beseitigung dieser Mängel zu arbeiten. Das ist zwar menschlich sympathisch, aber nicht sehr überzeugend im Ansatz. […]
Das Bewusstsein für Corporate Governance hat sich seither völlig verändert, auch in der Privatwirtschaft übrigens. Die Frage meiner Lohnfortzahlung für dieses eine Jahr im Alter von immerhin 67 Jahren würde ich heute sicher anders entscheiden. Generell hatte die finanzielle Absicherung von Führungskräften damals viele Gründe. Sie müssen sich erinnern, wie stark der politische Einfluss war. Es war in den siebziger und achtziger Jahren gar nicht ausgeschlossen, dass ein Regierungswechsel auch den Wechsel des Intendanten zur Folge hatte, ohne dass es eine Begründung dafür gegeben hätte.
Jobst Plog, sueddeutsche.de, 30.3.2023 (online)