Die Politik versuchte (und versucht) immer mal wieder, Einfluss auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu nehmen, insbesondere auf die Rundfunkgesetze. So auch vor 50 Jahren, am 1. März 1972, als die absolute CSU-Mehrheit im Bayerischen Landtag nach langen Debatten in einer Nachtsitzung um 1.30 Uhr eine Novellierung des Bayerischen Rundfunkgesetzes beschloss. Sie sah eine Vergrößerung des Rundfunkrats um zwölf Landtagsangehörige und sechs Vertreter und Vertreterinnen gesellschaftlicher Gruppen vor sowie mehr Mitsprache des Rundfunkrats bei Personalentscheidungen.
Sowohl der parlamentarische als auch der außerparlamentarische Widerstand gegen die Novellierung waren groß. Am 15. März 1972 gründete sich unter Vorsitz des Politikprofessors Paul Noack das „Landesbürgerkomitee Rundfunkfreiheit“. […]
Ziel des Landesbürgerkomitees war ein Volksbegehren und ein Volksentscheid gegen das neue Rundfunkgesetz. […] Statt der benötigten 720.000 Unterschriften kamen mehr als eine Million Unterschriften zusammen. Die CSU erklärte daraufhin in einem Parlamentsbeschluss das Volksbegehren für verfassungswidrig. Ein Gang zum Verfassungsgericht wäre unvermeidbar gewesen.
Franz Josef Strauß und die Landesregierung erkannten, dass die Pläne nicht durchzusetzen waren – und lenkten ein. Am 1. Juli 1973 fand der Volksentscheid statt. Die Bayerische Verfassung wurde um einen Artikel 111a ergänzt. Dieser schreibt für Hörfunk und Fernsehen im Freistaat eine öffentlich-rechtliche Trägerschaft vor und legt fest, dass beim Bayerischen Rundfunk Regierung, Landtag und Senat nicht mehr als ein Drittel der Rundfunkratsmitglieder stellen dürfen.
Die Historische Kommission der ARD informiert. No. 6 vom 26.01.2022 (online)