Zitiert: Journalismus trägt selbst oft zu Polarisierung bei

Seit Jahren rätseln Medienmenschen, wie man nur dieser fiesen „Polarisierung der Gesellschaft“ beikommen könnte. Sie sitzen dann immer ganz betroffen auf irgendwelchen Podien bei Medien-Tagungen herum, beklagen aufgeheizte Debatten in den Kommentarspalten oder sozialen Medien und fordern, dass es endlich wieder eine zivilisierte Diskussionskultur bräuchte.

Weil Medienmenschen aber besser in Selbstmarketing als in Selbstkritik sind, lautet der bemerkenswerte Lösungsvorschlag für diese Probleme dann oft: Journalismus. Denn der steht ja bekanntlich für ausgewogene Informationen und ausgeruhte Debatten.

Dieses Selbstbild wäre bloß ein wenig abgehoben, wenn es nicht so falsch wäre. Denn die Wahrheit ist: Medien tun zwar gerne so, als wären sie nur unfreiwillige Chronisten bereits vorhandener Konflikte, dabei sind sie es, die Konflikte mitunter erst erzeugen. Journalismus trägt selbst oft zu Polarisierung bei und dazu, dass Reizthemen in der Öffentlichkeit notorisch überpräsent sind. Und es spricht leider wenig dafür, dass in Redaktionen ehrlich über diese Rolle nachgedacht wird.

Das betrifft übrigens nicht nur Medien wie „Bild“, wo der Konflikt und die Kampagne zum ungeschriebenen Redaktionsprinzip gehören. Es geht auch um seriöse Medien, wo zwischen alten Routinen und neueren Anreizen ebenfalls Inhalte entstehen, die vor allem auf Emotionen, Empörung und Engagement setzen.

Alexander Graf, Übermedien, 03.05.2025 (online)

Onlinefilm.org

Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
Out of Space
Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)