Dietrich Leder in der Funkkorrespondenz (27/28-2012): „Diese Inszenierung für das Fernsehbild muss auf alles verzichten, was stört, in den Stadien aber tatsächlich live geschieht, wie auf den Platz stürmende Fans, rassistische Fangesänge, Rauchbomben oder politische Manifestationen. Damit tendiert die Übertragung ins Virtuelle. Es wird kein Ereignis wiedergegeben, es wird eines geschaffen, und zwar nach den ökonomischen Normen und ästhetischen Vorstellungen von Michel Platini, dem Chef des europäischen Fußballverbandes UEFA.
Dessen Geschmack entlarvte sich auch im Logo der Euro 2012, virtuellen Kunstblumen, die sich ornamental aufrankten. Dieses kitschige Logo wurde während der Spiele bei jeder Zeitlupe bis zum Überdruss gezeigt. Für eine solche Annahme einer ökonomischen und ästhetischen Normierung spricht auch, dass die UEFA das Zeigen einer auf dem Unterhosenbund angebrachten Reklame durch den dänischen Spieler Nicklas Bendtner höher bestrafte als die rassistischen Rufe kroatischer ‘Fans’. Denn der Unterhosenbund hatte es bis ins Fernsehbild geschafft, während die Schmährufe in der Live-Übertragung kaum zu hören waren. Die Fußball-Europameisterschaft 2012 wurde so auch zu einer Art Phantasialand des Michel Platini, mit einer von ihm genehmigten Außenstelle am Ostseestrand von Heringsdorf.“