Bußgeld für Programmverstoß tut RTL nicht weh

Die Landesanstalt für Medien NRW (LfM) verhängte auf Geheiß der Kommission Jugendmedienschutz ein Bußgeld gegen RTL in Höhe von 15.000 Euro. Aufhänger war eine Szene aus der RTL-Sendung, in der eine Mutter ihre Tochter mehrfach geschlagen und beschimpft habe. Das sei von der „Super Nanny“ selbst als „Kindesmisshandlung“ bewertet worden, so Jürgen Brautmeier, Direktor der LfM. „Das ist aus unserer Sicht ein Verstoß gegen die Menschenwürde.“

Dagegen reichte der Sender Klage ein. RTL hatte sich jedoch mittlerweile entschieden, das Bußgeld zu zahlen. Dies sei jedoch nicht als Schuldeingeständnis zu verstehen, so RTL-Sprecher Christian Körner gegenüber dem Tagesspiegel.

 

RTL habe sich aber mit der niedersächsischen Landesmedienanstalt (NLM) und mit der Kommission Jugendmedienschutz darauf geeinigt, dass Bundesverfassungsrichter Udo Di Fabio ein Gutachten erstelle, das künftig Orientierung fürs Programm geben soll. Allerdings hatte man vergessen, Udo Di Fabio vorher zu fragen. Dieser lehnte das Ansinnen von RTL und der NLM strikt ab. Es habe zwar eine entsprechende Anfrage der niedersächsischen Landesmedienanstalt gegeben, sagte die Sprecherin des Bundesverfassungsgerichts. „Herr Di Fabio hat aber klar gesagt, dass er während seiner Dienstzeit darüber nicht einmal reden wird.“ So sei es „eine Selbstverständlichkeit, dass er als Verfassungsrichter weder gegenwärtig noch für die Zukunft Gutachtenaufträge annimmt.“ Das lasse sich „weder mit seinem beruflichen Selbstverständnis noch mit seiner verfassungsrichterlichen Unabhängigkeit vereinbaren“, meldet sat+kabel.

Das Angebot von RTL war ja auch eine Provokation: man sei bereit das Bußgeld zu bezahlen, wenn die Mittel entsprechend dem RTL-Interesse eingesetzt werden. Zudem wollte man das von Jürgen Brautmeier angestrebt Grundsatzurteil verhindern, dessen Ziel es war „Kriterien und größere Klarheit für unsere Aufsichtsarbeit“ zu bekommen.

Deshalb hatte die LfM in einem neuen Gutachten die Frage analysieren lassen, wie weit das Fernsehen mit Blick auf die Menschenwürde gehen darf. Laut dem Gutachten komme ein Eingreifen der Medienaufsicht solange nicht in Betracht, wie die betroffenen Protagonisten freiwillig und in Kenntnis aller wesentlichen Umstände agieren, meldete digitalfernsehen.de. Gerade aber bei neuen Formaten könnten die Kandidaten nicht mehr wissen, auf was sie sich einließen. Daher sei es schwierig, von „Selbstbestimmung“ zu sprechen, so das Ergebnis des Gutachtens. Nach Ansicht von Jürgen Brautmeier müsse deshalb die Frage, ob in einem konkreten Fall Selbst- oder aber Fremdbestimmung vorliege, verstärkt in den Blickpunkt der Medienaufsicht rücken. Das Gutachten bezeichnete er als „gute Basis, um bei künftigen Fällen, gerade bei neuen Formaten, in dieser Hinsicht deutlicher Position zu beziehen“. Die Medienaufsicht solle sich nicht scheuen, in Zweifelsfällen vor Gericht durch alle Instanzen zu gehen, damit es zukünftig mehr Klarheit darüber gibt, was erlaubt sei und was nicht.

Um in diesem eindeutigen Fall ein eindeutiges Urteil zu vermeiden, zog sich RTL aus dem Rechtsstreit zurück, zumal die Strafzahlung RTL nicht weh tut. So konnte die RTL Group mit all ihren Fernsehsendern im vergangenen Geschäftsjahr (2010/2011) ihren Vorsteuergewinn um fast 40 Prozent auf 1,1 Milliarden Euro steigern. 2009 lag der Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen noch bei 796 Millionen Euro. Der Gesamtumsatz war im Jahresvergleich um 8,5 Prozent auf 5,6 (2009: 5,156) Milliarden Euro gewachsen.

RTL erzielte 2010 Werbeeinahmen von 2,69 Milliarden Euro Werbeeinnahmen und damit knapp 17 Prozent mehr als im Vorjahr. RTL nimmt also an einem Tag im Schnitt 7,36 Mio. Euro ein, in einer Stunde 307.000 Euro und in einer Minute 5.000 Euro. Die kommerziellen Sender dürfen in der Stunde 12 Minuten Werbung bringen.

Und so wird klar: 15.000 Euro tun RTL nicht weh. Das sind nicht einmal 0,0006 Prozent der Bruttowerbeeinnahmen. RTL würde sich sicher anders verhalten, wenn für jeden Verstoß 1 Promille der Einnahmen fällig würden – immerhin 2,6 Mio. Euro.

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