Berlin, 10.05.2010
Die Zeitungen in den USA erleben derzeit einen Niedergang ohne gleichen: Auflagen und Reichweiten schwinden dramatisch, Werbemärkte brechen ein und verändern sind, große Zeitungsketten melden Insolvenz an oder sind hochverschuldet. „Die US-Zeitungskrise erlebt derzeit eine Leidensstrecke, die ihre schlimmste Finanzkrise seit der größten Depression werden könnte“, schlussfolgert eine Studie im Auftrag des US-Kongresses aus dem letzten Jahr. Grund genug für den BDZV zu erforschen, inwieweit diese „amerikanischen Verhältnisse“ auch die deutsche Zeitungslandschaft einholen könnten, die seit Jahren zwar auch vor sich hinkriselt, doch immer noch weit besser da steht als die US-amerikanische.
Daher schickte der Verband der deutschen Zeitungsverleger den Medienberater und Journalisten Ralf Siepmann über den großen Teich um dortige Strukturen, Trends und Gründe für die Zeitungskrise zu analysieren und mit Deutschland zu vergleichen. Im Haus der Bundespressekonferenz stellte er nun die Erkenntnisse seiner Recherchen der Öffentlichkeit vor. Siepmann kommt zu dem Ergebnis, dass Zeitungsverlage in Deutschland den Transformationsprozess ins digitale Zeitalter besser und langfristiger vollziehen als jene in den USA und daher nicht das gleiche Schicksal erleiden werden. Als einen der Hauptgründe nennt der Medienjournalist Unterschiede in der Eigentümerstruktur von Zeitungen. In Deutschland sind die Zeitungen meist in privaten Händen mittelständischer Familienunternehmen mit Verlegertradition und publizistischem Sendungsbewusstsein. In den USA dagegen sind in den 20iger Jahren des vergangenen Jahrhunderts kapitalorientierte große Zeitungsketten entstanden, die an der Börse gelistet sind. Die vorrangige Orientierung an dem Shareholder Value und der ständige Druck alle drei Monate positive Nachrichten für Finanzanalysten produzieren zu müssen erschwere den Transformationsprozess und langfristigen Aufbau neuer Geschäftsmodelle, so Siepmann. Als weitere Gründe nennt er die Qualität der Zeitungen: Während in Deutschland großer Aufwand für Druck, Layout, Papier und Illustration gelegt wird ist die amerikanische Zeitung für ein niedriges Preisniveau konzipiert. Auch anhand der Auslandsberichterstattung und die Erhaltung eines Korrespondentennetzes zeige, welch hohe Investitionen Zeitungen in Deutschland betreiben, um ihre Leser zu halten. Dieses zahle sich bisher nach Siepmann beim Mediennutzungsverhalten aus, denn als wichtigstes Informationsmedium rangiert die Zeitung in Deutschland laut Umfragen immer noch auf Platz 2 nach dem Fernsehen, in den USA dagegen nach dem Internet auf Platz 3.
„Am Wendepunkt – Die Zeitungen in den USA. Strukturen, Trends, Strategien – Konvergenzen und Divergenzen zum deutschen Zeitungsmarkt“ eignet sich gut als Fakten-Einstiegslektüre für diejenigen die sich mit den jüngsten Entwicklungen einer neuen aufstrebenden journalistischen Kultur in den US beschäftigen und dort weiterrecherchieren möchten, wo die Studie endet. Nicht Gegenstand der Analyse sind dort nämlich neue journalistische Portale im Internet, die meist aus der Bloggerszene stammend sich erfolgreich auf ganz bestimmte Teilmärkte spezialisiert haben. Interessant wäre die Entdeckung und Ergründung dieser neunen Geschäftsmodelle und deren Macher.
Zum Nachhören der Pressekonferenz:
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Ralf Siepmann, Autor der Studie im Interview mit Medienjournalistin Eleni Klotsikas
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Fazit:
Wissenswert: ****
Unterhaltungswert: **
Kontaktwert: **
Ambiente: ***