20 Kurzfilme zum 20. Geburtstag des MITTELDEUTSCHEN RUNDFUNKS

„Dokumentarfilme können auch anders“, heißt es beim MDR. „Der MITTELDEUTSCHE RUNDFUNK wird 20 Jahre alt. Der perfekte Anlass, um mit 20 jungen Leuten ein innovatives Projekt auf die Beine zu stellen. Im Rahmen einer engen Zusammenarbeit zwischen der Dokumentarfilmredaktion des MDR FERNSEHENS und den mitteldeutschen Universitäten und Hochschulen in Weimar, Dessau, Leipzig, Merseburg, Halle und Mittweida haben Studentinnen und Studenten verschiedenster Fachrichtungen spannende Kurzfilme über unsere Heimat gedreht. … In insgesamt 20 Filmen mit einer Länge von vier bis acht Minuten werden teils klassisch dokumentarisch, teils kreativ-experimentell die verschiedensten Lebensgeschichten erzählt. Sie zeigen ein schillerndes Gesamtbild Mitteldeutschlands, das dem Hier und Jetzt zugewandt ist und das es uns ermöglicht, unsere Heimat durch die Augen junger Menschen zu betrachten.“

 

Die Projektleiterin Dr. Katja Wildermuth beschreibt die Idee: „20 Jahre MDR – da stand die Frage im Raum: „Was machen wir?“ Es gibt schon viele Projekte, die die Umbruchszeit in der Region dokumentierten und zeigten, welche Bedeutung sie für die Menschen hatte. Historisch ist das alles sehr gut aufgearbeitet. Also machen wir als Dokumentarfilm-Redaktion etwas Neues: Wir betrachten den Osten aus dem Heute. Und das aus der Sicht von jungen Leuten – unverbraucht. Wir wollten ohne den historischen Hall auf die Region blicken und schauen, warum die Leute gern hier leben. … Die Filme porträtieren Menschen aus Mitteldeutschland, teilweise sind es auch Selbstporträts. Die Studenten konnten alles machen. Ihre Werke sind also bewusst offen gehalten. Wir zeigen natürlich nur spannende und interessante Filme, Porträts über tolle Typen. Einige sind mir besonders im Gedächtnis geblieben.“

Als der RBB vor einem Jahr, am 1. Oktober 2010, „20x Brandenburg“ zeigte, die 2011 auch mit dem Grimmepreis ausgezeichnet wurde, liefen die 20 fünfzehnminütigen Filme ab 20.15 Uhr hintereinander weg – also zur besten Sendezeit. Der MDR zeigte sein „schillerndes Gesamtbild Mitteldeutschlands“ von 113 Minuten am zweiten Adventssonntag ab 23.40 Uhr (!). Er versendete sie.

Handelt es sich um ein „schillerndes Gesamtbild Mitteldeutschlands“? Das kann man in der MDR-Mediathek weitestgehend nachvollziehen. Denn von den 20 Filmen sind 18 in der Mediathek. Allerdings ist es fraglich, ob ein Gesamtbild Mitteldeutschlands entsteht, wenn man „unsere Heimat durch die Augen junger Menschen“ betrachtet. Zumal in dem dazugehörigen Trailer („I love Mitteldeutschland“) behauptet wird, dass die Protagonisten Mitteldeutschland „lieben“ (1:06). Gehört zu Mitteldeutschland nicht mehr? Wo bleiben Natur und Kultur, aber auch die Unternehmen?

Ja, wer identifiziert sich mit „Mitteldeutschland“? Was kann man sich unter Mitteldeutschland überhaupt vorstellen? „Es handelt sich dabei um ein historisch sehr flexibles Konstrukt. Das war einmal das Wirtschaftsgebiet Halle/ Leipzig – ein sehr beachtetes, starkes Wirtschaftsgebiet, was man auch entsprechend zur Geltung bringen wollte“, so Prof. Dr. Kurt Mühler. „In der westdeutschen Politiksprache der 1960er Jahre wurde der Begriff verwendet, um indirekt auf die Nichtanerkennung der Oder-Neiße-Grenze zu verweisen. Damit war Mitteldeutschland ein Synonym für die DDR oder Ostdeutschland. Und heute haben wir drei Bundesländer, die Mitteldeutschland repräsentieren sollen. Zum anderen ist der Markt an regionalen Identifikationsangeboten zu groß. Auf der nationalen und auf der lokalen Ebene ist alles klar.“ Dass Mitteldeutschland etwas Eigenständiges darstellen soll, ist kaum im Bewusstsein der Menschen. Sie können nicht sagen, was sie darunter verstehen sollen. Eine Identifikation mit Mitteldeutschland habe für den Alltag der Menschen keinen großen Nutzen. Zumal die Bundesländer als Identifikationsobjekte ziemlich stark etabliert seien. „Allenfalls verbinden sie den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) damit.“ Das könnte sich ändern, wenn Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen zu einem Bundesland fusionieren. „Dann wäre Mitteldeutschland eine administrative, etablierte Bezugseinheit, zu der man eine Beziehung aufbauen kann“, so Kurt Mühler.

„Dokumentarfilme sind in ihrer Mehrheit große, 90-minütige, teure und mit viel Arbeit und Zeit verbundene Kunstwerke. Wir wollten zeigen, dass Dokumentarfilme auch anders können“, so Katja Wildermuth. Doch nur wenige große Dokumentarfilme sind 90 Minuten lang. Und selbst die 90minüter sind im Fernsehen die Minderheit. Zudem können selbst kurze Filme mit viel Arbeit und Zeit verbunden sein.

Die Projekte sind vergleichbar. Der MDR hat gezeigt, dass er es anders kann – als der RBB. Vom inhaltlichen und finanziellen Aufwand her, vom Anspruch und von der Platzierung im Programm wie auch mit der dazugehörigen Öffentlichkeitsarbeit. Während man die neueste Ausgabe des studentischen Filmmagazins UNCATO (18.12., 1.40 Uhr) am 8.12. ankündigte wie auch die MDR/BBC-Dokumentation über Wladimir Putin auf dem Doku-Platz am Sonntag bewarb, findet sich im MDR-Pressebereich kein Hinweis auf „I love Mitteldeutschland“. Wenn man von den Filmen der Studierenden so überzeugt war, hätte man sie auch ab 20.15 zeigen können. Dann hätten wesentlich mehr Menschen sie sehen können.

So bleibt festzustellen: „I love Mitteldeutschland“ war und ist für den MDR kein Prestigeprojekt.

Onlinefilm.org

Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
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Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)