Kommen wir zur zweiten Perspektive, dem Teil, den der Zukunftsrat weitgehend ausgespart hat. Ganz unabhängig von der verfassungsrechtlichen Bestandsgarantie muss die Frage erlaubt sein: Brauchen wir die Anstalten mittel- und langfristig und wenn ja, wofür? Es gibt leider nur sehr wenige in der Wissenschaft, die sich derartige strukturelle Fragen stellen. Das sagt wiederum einiges über die Anreizsysteme in der Wissenschaft aus.
Ausgangspunkt der Gedankenbewegung sollte sein, dass Demokratien auch künftig auf ein funktionierendes ‚gesellschaftliches Gespräch‘ angewiesen sind. Es gibt jedenfalls Hinweise darauf, dass dies wiederum Strukturen benötigt, die sich nicht allen marktwirtschaftlich ergeben. Kommerzielle Empfehlungssysteme setzten bspw. Darauf, die Aufmerksamkeit der Nutzenden nicht zu verlieren und sind für gesellschaftlich Wünschenswertes erst einmal blind. […]
Eine produktive Bearbeitung dieser Punkte erfordert interdisziplinäre Anstrengungen der Kommunikations-, Rechts- und Wirtschaftswissenschaft sowie der Informatik, an deren Ende dann Anhaltspunkte dafür stehen, wie die Funktionen erfüllt werden können und ob die öffentlich-rechtlichen Anstalten sie erfüllen können bzw. wie sie weiterentwickelt werden müssen, um dies zu tun.“
Wolfgang Schulz, Medienwirtschaft 2/2024, S. 29 (online, Paid)