Da kam einiges zusammen. Zum einen haben ich und einige Kollegen die Erfahrung gemacht, dass man mit einem kapitalismus- und herrschaftskritischen Forschungsinteresse in der deutschsprachigen Kommunikationswissenschaft nicht akzeptiert wird, es bleibt dann nur der Wechsel in ein anderes Fach mit anderen Traditionen, wie in meinem Fall die Soziologie, oder die akademische Migration meist in englischsprachige Länder, die in dieser Hinsicht mehr Pluralität erlauben und wo eine solche Perspektive auch Anerkennung genießt. Diese Situation empfanden wir immer als problematisch.
Zum anderen erscheint angesichts der aktuellen gesellschaftlichen Vielfachkrisen (Finanz-, Ökologie-, und soziale Krise) und der damit verbundenen Zuspitzung von Ungleichheit und Entfremdungserfahrungen diese Blindstelle in der Diskussion über Medien, Massenkommunikation und das Internet noch unzeitgemäßer als zuvor. Aber auch umgekehrt hat die existierende kritische Theorie wenig zu den Themen Medien und Kommunikation zu sagen. Dies ist offensichtlich auch die Erfahrung vieler jüngerer Forscher und Studierender, die einen Bedarf nach kritischer Forschung und Lehre haben, der aktuell nicht gedeckt werden kann. Die gemeinsame Gründung eines Netzwerkes war dann ein wissenschaftspolitisch logischer Schritt.
Sebastian Sevignani, Telepolis, 18.7.2017 (online)
Homepage des Netzwerkes (online)