Zwölf britische Labelchefs haben ihn Anfang der Achtziger erfunden, um Platten von „außerhalb“ zu sortieren – Folk, Pop, traditionelle Musik. Aber der Begriff wurde bald zum Ghetto-Wort, zur Schublade für alles Fremde. Ich sage lieber Global Pop: Das steht für den Paradigmenwechsel, für Augenhöhe. Musiker aus Lagos, Dakar oder São Paulo brauchen den Westen nicht mehr als Durchlauferhitzer. […] Ich wollte keine Missionarstimme sein, sondern den Flow zeigen. Kurze Moderationen, keine Belehrung, stattdessen Groove. Ich habe afrikanische, lateinamerikanische, asiatische Musik neben Pop und Soul gespielt. Hörer sagten oft: „Kenne ich nicht, aber klingt cool.“ Das war der Schlüssel. […]
Ohne kulturelle Aneignung gäbe es keine Musikgeschichte, keinen Rock’n’Roll. Reggae lebt von amerikanischem Soul, Rock’n’Roll von schwarzem Rhythm’n’Blues. Jazz, Pop – alles Austausch. Wer das verbieten will, tötet Musik. Natürlich muss man über Gerechtigkeit reden: Follow the breadline, sagen die Engländer. Wer etwas erfindet, muss bezahlt werden. Das ist das Einzige, was zählt. […]
Musik war nie rein. Jamaika hat sich in den Sechzigern aus amerikanischen Radios gespeist – sonst gäbe es keinen Reggae. Häfen sind die besten Beispiele: Orte, an denen sich Klänge mischen. Dakar, Buenos Aires. Beatles ohne Hamburg? Unvorstellbar. Kultur funktioniert über Austausch. Das Entscheidende ist, dass niemand leer ausgeht. Der Rest ist übertriebene Empfindlichkeit.
Johannes Paetzold, berliner-zeitung.de, 12.11.2025 (online)

