Bei der Frage nach allgemeinem Medienvertrauen bzw. Misstrauen gegenüber Medien gibt es keine stabilen Haltungen, weil bei den Befragten eine große Bandbreite von Vorstellungen darüber existiert, was mit „Medien“ gemeint ist. Die Frage nach dem allgemeinen Bezugsobjekt „Medien“ lässt den Rezipienten keinen Raum, in ihrem Medienrepertoire zu differenzieren. …. Erst wenn die Vertrauens- und Misstrauensobjekte genauer spezifiziert werden, lässt sich besser erschließen, wie es um das Vertrauen in journalistische Angebote und Akteure bestellt ist. …. Gut die Hälfte (53%) der Befragten vertraut den Medienberichten über politische Themen, während fast drei Viertel (73%) den Sportberichten vertrauten. Politikberichterstattung ist demnach erheblich vertrauenssensibler als Sportberichterstattung. Dies korrespondiert mit der öffentlichen Diskussion zu Medienleistungen, die sich vor allem an politischen Konflikten (beispielsweise Ukraine-Krise, Flüchtlingsberichterstattung) entzündet. 45 Prozent der Befragten sind in Bezug auf die Berichterstattung über Politik eher reserviert, bei Sport sind es nur 22 Prozent. …
Danach ist mindestens ein Drittel der Bevölkerung der Auffassung, Medien nicht vertrauen zu können. Durch die Verwendung unterschiedlicher Skalen und durch die Modifizierung der Fragestellung verändern sich die Werte für Vertrauen und Misstrauen in Medien erheblich. Dies ist bei der künftigen Interpretation von Vertrauensbefragungen relativierend zu berücksichtigen. Die Befragungen bestätigten im weiteren Sinne eine eher wenig beachtete Erkenntnis der Vertrauensforschung: Vertrauen und Misstrauen können zugleich auftreten. … Vertrauen und Misstrauen gegenüber Medien ist demnach aus Perspektive der Rezipienten eine komplexe Angelegenheit – und erfordert als Forschungsproblem eine differenzierte Untersuchungsanlage. Die Befragungsergebnisse zeigen, dass in der Bevölkerung in dieser Hinsicht eine vielschichtige Sichtweise auf Medien vorhanden ist.
Bernd Blöbaum: Bezugspunkte von Medienvertrauen. In: Media Perspektiven, 12/2018, S. 601 ff. (online)