Der Sonntagabend-Talk war die Sendung, die ich mit dem grössten Ehrgeiz gemacht habe. Ich wollte das Beste aus der Welt des privaten Fernsehens und des öffentlichrechtlichen zusammenführen und den Politikbegriff erweitern. Das ist mir aber nicht dauerhaft gelungen. Mir haben zu viele Menschen aus dem Sender reingeredet. Und das fing schon bei der Vorbereitung der Sendung an. … Das war so mühsam, dass ich oft ein Drittel meiner Kräfte gar nicht mehr in die Vorbereitung, sondern nur noch in die Verteidigung von Themen und Gästen stecken musste. Das hat mit der ARD zu Konflikten geführt, weil die mir vertraglich zugesicherte journalistische Unabhängigkeit nicht im für mich notwendigen Mass gegeben war. Ich habe meinen Vertrag nach drei Jahren mit Bauchschmerzen noch einmal verlängert, aber bei der nächsten Verlängerung klargemacht, dass ich so nicht weiterarbeiten möchte. Interessant ist, dass weder vorher noch nachher jemals so viele Leute die Sendung gesehen haben wie zwischen 2010 und 2015.
Günther Jauch, NZZ, 17.01.2022 (online)