“Zunächst kam es zu einem Wechsel der Programmabsicht und der Programmambition: Einem Privatsender geht es immer und grundsätzlich nur um die Quote. Er schafft sich seinen Programmauftrag selbst; künstlerische und ästhetische Gedanken unterliegen dem Kommerz und der Notwendigkeit des Profits. Aber die Gründung von Super RTL hatte auch Konsequenzen für den gesamten Kinderfernsehmarkt. ARD und ZDF mussten mehr Geld in Eigenproduktionen investieren, wodurch das Programm zwangsläufig teurer wurde. Gleichzeitig wurden überall auf der Welt Kindersender gegründet. Besonders die Japaner, etwas später die Koreaner, auch die Chinesen drängten immer stärker mit eigenen Produktionsangeboten auf den Markt. Die Anzahl verfügbarer Serien unterschiedlichster Qualität wuchs enorm, all die Serien wurden auf Messen und bei Screenings aggressiv zum Kauf angeboten. Billigere Kaufprogramme wirkten sich natürlich positiv auf den Etat aus. Das dadurch gesparte Geld konnte in eigene Auftragsproduktionen investiert werden. Kaufprogramme waren schneller verfügbar und konnten leichter und sicherer auf ihre Wirkung beurteilt werden, weil sie ja schon fertig waren. Außerdem konnten die Rechte an den Nebenprodukten preiswert miterworben und weiterlizenziert werden. Mit Lizenzierungen konnte man Geld verdienen. Auch ARD und ZDF legten sich eigene Vertriebsfirmen zu. All dies beeinflusst bis heute das öffentlich-rechtliche Kinderprogramm und hat auf den ersten Blick zu einer gewissen Vielfalt geführt, die sich beim zweiten Hinschauen aber als Konzeptlosigkeit entpuppt.”
(Josef Göhlen, Medienkorrespondenz 25/2016, S.6 online)