Die Forscher Petter Törnberg und Maik Larooij beobachteten ihr soziales Netzwerk über 10.000 Zeitschritte. Diese entsprechen in etwa Jahrzehnten realer Social-Media-Nutzung – genug Zeit, damit sich stabile Muster wie Echokammern – oft auch als Blasen oder Bubbles bezeichnet – und extreme Stimmen herausbilden. Das Ergebnis wiederholte sich in allen fünf Durchläufen: Schon die grundlegenden Funktionen von Posten, Reposten und Folgen genügten, damit das System toxische Muster bildete.
In kurzer Zeit vernetzten sich die KI-Agenten fast nur noch mit Gleichgesinnten. Es entstanden abgeschlossene Echokammern, die kaum noch von außen durchdrungen wurden. Damit einher ging eine massive Ungleichheit in der Verteilung von Aufmerksamkeit. Die Forscher berechneten den Gini-Koeffizienten, ein Maß für Ungleichheit. Er lag bei den Followern bei 0,83, bei den Reposts sogar bei 0,94. Die Konsequenz:
- Zehn Prozent der Nutzer sammelten 75 bis 80 Prozent aller Follower.
- Zehn Prozent der Beiträge erhielten 90 Prozent aller Reposts.
Die Analyse zeigte außerdem, dass extreme Haltungen besonders sichtbar wurden. […]
Nutzer mit zugespitzten Positionen bekamen häufiger Follower und mehr Reposts.
Damit verfestigte sich ein Kreislauf: Je emotionaler und polarisierender die Inhalte, desto größer die Reichweite. Die Forscher nennen dieses Phänomen „social media prism“. Es sorgt dafür, dass Extreme überrepräsentiert sind, während moderate Stimmen untergehen.
Um Lösungen zu testen, setzten die Forscher sechs verschiedene Eingriffe ein.
- Chronologischer Feed: verringerte Ungleichheit, erhöhte aber die Sichtbarkeit extremer Stimmen
- Abwertung dominanter Inhalte: senkte Ungleichheit leicht, änderte aber nichts an der Polarisierung
- Bevorzugung fremder Meinungen: brachte kaum Effekte, Nutzer bevorzugten weiterhin Gleichgesinnte
- Brückenalgorithmen: schwächten die Polarisierung, erhöhten jedoch die Ungleichheit der Sichtbarkeit
- Verbergen von Likes oder Follower-Zahlen: führte zu mehr Aktivität, ohne strukturelle Verbesserungen
- Verzicht auf Biografien in Empfehlungen: hatte praktisch keinen Effekt
Das Fazit der Forscher: „Verbesserungen sind nur bescheiden, keine Intervention beseitigt die Grundprobleme.“ […]
Es gehe nicht nur um Algorithmen, sondern um die Architektur sozialer Netzwerke. Die Dynamik des Teilens und Folgens schafft Muster, die sich selbst verstärken. Törnberg ergänzt: „Die affektive, emotionale Handlung, etwas zu reposten, formt die Netzwerkstruktur, die dann wiederum bestimmt, welche Inhalte man in Zukunft sieht.“
Lara Steiper, smartup-news.de, 27.8.2025 (online)

