Der neue Intendant des staatlichen DDR-Fernsehen hatte entschieden, die Demonstration zum 4. November 1989 übertragen zu lassen. Er bot zudem dem ARD-Vorsitzenden die Übertragungsrechte an der Veranstaltung an.
“Der ARD-Vorsitzende berief umgehend eine Telefonkonferenz der Intendanten der öffentlich-rechtlichen westdeutschen Sender ein, um dieses Angebot in einer größeren Runde zu besprechen und zu einer einvernehmlichen Entscheidung zu kommen. Bis zu diesem Zeitpunkt sendete an diesem Vormittag das Erste Deutsche Fernsehen programmgemäß die Übertragung eines Tennisturniers mit Boris Becker. …
Die Zuschauer des westdeutschen Fernsehens sollten nicht durch ene unangekündigte Programmänderung verärgert werden, zumal die überwältigende Mehrheit der Zuschauer sich dem Tennissport verbunden fühle. Der Volksaufstand der Bevölkerung in jenem zweiten deutschen Staat sei zwar bedeutsam und schätzenswert, aber doch nur von regionalem Interesse.
Als sie später die Entscheidung begründen sollten, hieß es, es sei an jenem Tag das Anliegen der ARD-Anstalten und ihrer Intendanten gewesen, im Blick auf die Optimierung der Zuschauerbindung programmtreu zu bleiben.”
Christoph Hein: Gegenlauschangriff. Anekdoten aus dem letzten deutsch-deutschem Kriege. Suhrkamp, 2019, S. 67 f.