Parteien wie die AfD sind kein Zufallsprodukt, sondern Folge des neoliberalen Umbaus von Wirtschaft und Gesellschaft seit den 1980er-Jahren. Diese Parteien beuten Widersprüche aus, spalten, polarisieren, säen Missgunst und Hass, stellen Freund gegen Feind, grenzen selber aus. Aber sie erfinden die Konflikte nicht. Sie schlagen Wurzeln überall dort, wo sich reale Risse und Zerwürfnisse zwischen Politik und dem Leben ganz normaler Bürger auftun, wo Leute massenhaft Wut im Bauch und eine Rechnung mit denen offen haben, die sie für ihre Lage verantwortlich machen.
Man kann rechtspopulistische Parteien, die sich radikalisieren – möglicherweise – verbieten, aber nicht die Bedingungen, die sie hervorbringen. Und man kann diese Bedingungen im Zeitalter der Globalisierung auch nur in Grenzen beeinflussen, das Bedürfnis nach Berechenbarkeit, Sicherheit, Kontrolle über das eigene Leben nur unzureichend befriedigen. Ungewissheit, das Gefühl mangelnder Bodenhaftung, die Sorge vor dem, was kommt, bleiben bestimmende Elemente im Leben der Menschen.
Wolfgang Engler, berliner-zeitung.de, 17.04.2025 (online)