Es war für uns klar der beste der nominierten Dokumentarfilme. Mein Part unserer Begründung geht so: Wir haben 20 über alle Sektionen hinweg nominierte Dokumentarfilme gesichtet und diskutiert. Unter der Regie von Basel Adra, Yuval Abraham, Hamdan Ballal und Rachel Szor schildert „No Other Land“ den Alltag in Masafer Yatta, einem Dorf im Westjordanland. Der Palästinenser Basel Adra, der in Masafer Yatta geboren wurde, und der israelische Journalist Yuval Abraham dokumentieren das Geschehen dort seit Jahren mit einer kleinen Kamera. Immer wieder, weil alles immer wieder von vorne beginnt. Willkürlich zum Truppenübungsplatz erklärt, ist nun die Zerstörung des Dorfes durch die israelische Armee, der Häuser, der Schule, des Spielplatzes, eine rechtlich korrekte, tatsächliche Katastrophe für die palästinensischen Familien, die hier seit langem leben. Wenn sie ihr Land verlassen, ist es verloren und fällt an den Staat Israel. Also bauen sie ihre zerstörten Häuser immer wieder neu auf oder leben in Höhlen in der Gegend bis zur nächsten gewaltsamen Räumung. […] der Film zeigt uns, was die unmenschliche, ignorante Politik der israelischen Regierung bewusst und zielgerichtet anrichtet. Er zeigt auch die Angriffe bewaffneter jüdischer Siedler auf das Dorf, mit dem Ziel, seine Bewohner ins Nichts zu vertreiben, und auch das gemeinsame Vorgehen von Armee und bewaffneten Siedlern. In diesem Film sehen wir Verwundete und wir sehen Mord, eine große Hoffnungslosigkeit und die verzweifelte Energie von Basel Adra, davon Zeugnis abzulegen. Zeugnis abzulegen und dies verantwortungsvoll und präzise zu tun, ist die eigentliche Grundlage jedes Dokumentarfilms. „No Other Land“ ist ein Erstlingsfilm, in dem eine unglaubliche Kraft steckt. Und Einsatz, der nicht ungefährlich war. Der Film war Ende September 2023 in der Endfertigung. Dem ist nichts hinzuzufügen.
Thomas Heise, berliner-zeitung.de, 03.03.2024 (online)