Dass die Neue Rechte viel zu oft bereits als solche wahrgenommen wird, zeigen Fälle aus dem Literaturunterricht an Schulen und Universitäten, in denen Lerngruppen neurechtes Material, das u.a. auf Youtube frei zugänglich ist, zur Verfügung gestellt wurde, ohne den Publikationskontext mitzureflektieren.
Bedenklich ist das nicht zuletzt deshalb, weil sich die Neue Rechte gegenwärtig besonders darauf konzentriert, Einfluss im Bildungsbetrieb zu gewinnen.
Zu diesem Zwecke wurde im Herbst 2023 die „Aktion 451“ ins Leben gerufen, die eine Gründung studentischer Lesekreise anstrebt, um damit – so Kubitscheks Zielvorgabe – „einen Roman nach dem andern und ein zentrales Werk nach dem andern für uns [zu] vereinnahmen, aus rechter Sicht [zu] lesen und daraus das [zu] machen, was man eine Rückeroberung oder Reconquista an der Universität nennen sollte“.
Insbesondere Lehrer:innen an Schulen und Hochschulen sollten sich deshalb rasch über zwei Dinge klar werden: dass die Neue Rechte (erstens) auch das literarische Feld mit ausgeklügelten und variantenreichen Taktiken bespielt und dass dies (zweitens) im Rahmen einer metapolitischen Agenda stattfindet, also nicht um der Literatur willen geschieht. Harmlosigkeit und Selbstverharmlosung sind zwei völlig unterschiedliche Dinge – das gilt es im Hinblick auf die neurechte Literaturarbeit immer im Kopf zu behalten.
Torsten Hoffmann, taz.de, 06.07.2024 (online)