Zitiert: Medienkarrieren von Straftäter:innen

Doch der mediale Umgang mit Straftaten hat sich signifikant verändert. In rasantem Tempo erscheinen heute True-Crime-Formate, die dem Grusel, der morbiden Faszination, aber auch dem Personenkult um Straftäter:innen die große Bühne bieten. Produktionen wie „Bad Vegan“, „The Tinder Swindler“ oder „Worst Roommate Ever“ beleuchten dabei die Gräuel der Kriminalität mit Stimmen von Opfern und unter Abwesenheit der Täter:innen. Gleichzeitig entstehen jedoch zunehmend Formate, die verurteilten Straftäter:innen das eigene Narrativ, zuweilen unhinterfragt, überlassen.

Die Netflix-Formate „Inventing Anna“ und „Shiny_Flakes“ unterstützen die Betrügerin Anna Sorokin sowie den Online-Dealer Maximilian Schmidt, die eigene Schuld in fabelhafte Erzählungen unkonventionellen Erfolgs umzudichten. Deutsche Talkshows wie „Markus Lanz“, die „NDR Talkshow“ oder „Stern TV“ ermöglichen dem verurteilten Doppelmörder Jens Söring die kritikfreie Selbstdarstellung als Opfer US-amerikanischer Justiz. Anstatt Straftäter:innen kritisch zu hinterfragen, befähigen Medien durch ihre sensationsfokussierte Berichterstattung das Gegenteil: einen popkulturell vermarktbaren Personenkult.

Felix Jung, uebermedien.de, 27.5.2022 (online)

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Zitat der Woche
Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
Out of Space
Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)