Die Menschen in der ländlichen Umgebung, wo ich lebe, haben die Menschen oft den Eindruck, dass in den Redaktionszimmern und Politikstuben der Hauptstädte vollmundig eine unbedingte Fortsetzung des Kriegs gefordert wird – während genau diese reichen, gebildeten und mobilen Menschen in den Städten aber niemals bereit wären, an der Front zu sterben.
Sie wären auch im Fall einer kriegerischen Gefahr für Deutschland selbst die Ersten, denen es möglich wäre, das Land zu verlassen und sich in Sicherheit zu bringen, weil sie in ihren Berufen auch an anderen Orten arbeiten können, Sprachen sprechen und vielleicht Freunde im Ausland haben.
Mit anderen Worten, man denkt in den weniger mobilen, bodenständigeren und schwächer gebildeten Gesellschaftsschichten oft: „Ihr fordert und entscheidet Dinge, die wir im Zweifel ausbaden müssen.“ Das erzeugt Wut, und diese Wut kann ich oft verstehen.
Juli Zeh, Telepolis, 29.12.2024 (online)