Sie müssen diese Entwicklungen immer im gesellschaftlichen Kontext sehen und mit den Aktivitäten von Mobilisierungsakteuren. Schon 2002 haben wir auf die Gefahr des Rechtspopulismus hingewiesen. … Danach stellte sich ein Potenzial von 20 Prozent in der Bevölkerung heraus. Zwischen 2009 und 2011 stiegen bei diesem Potenzial die wahrgenommene Einflusslosigkeit als ein Grundelement von Wut, die Bereitschaft an Demonstrationen teilzunehmen sowie die individuelle Gewaltbereitschaft deutlich an. Das war vor dem Aufkommen von Pegida oder AfD. Die Mobilisierungsakteure haben es geschafft, die individuellen Ohnmachtsgefühle in kollektive Machtgefühle zu verwandeln. Es gibt aus deren Sicht nichts Größeres – wer immer die Opfer sind. …. Man wundert sich darüber, weshalb sich bei den politischen und medialen Eliten so viele plötzlich wundern. Man konnte es schon lange wissen. Aber man wollte es nicht wissen. Es gab und gibt einen weit verbreiteten politischen Autismus. Die prekäre Zivilität wollte man nicht wahrnehmen. Und auch für intelligente Wochenblätter war das „Bielefelder Alarmismus“.
Wilhelm Heitmeyer, Berliner Zeitung, 22.10.2016 (online)