Schon am Beispiel der PDS und später der LINKEN konnte – dank der Agenda-Setting-Forschung – gezeigt werden, dass extreme Parteien in dem Moment an Unterstützung verlieren, in dem die Leitmedien sich mit den sachpolitischen Programmen beschäftigten. Wenn jedoch das Hauptaugenmerk der Informationsvermittlung auf Dinge wie Umfragen oder spekulative Koalitionsoptionen reduziert wird, steigt der Support für die Extremisten. Anstatt von der Forschung aus den 90er Jahren zu lernen, wiederholten ARD, DLF und ZDF mit Aufkommen der AfD den gleichen Ansatz: Bei keinem der drei Sender kann das Publikum wenigstens in 50 Prozent der Berichte Konkretes darüber erfahren, was die AfD bei Migration, Bildung, Wirtschaft oder Gesundheit umzusetzen gedenkt. Aufgrund dieser verzerrten Informationslage wird dann auch am jeweiligen Wahlabend das Publikum wenig umfassend informiert: Die inzwischen größte Partei in Deutschland, die Nicht-Wähler, wird fast vollkommen verschwiegen, der AfD werden Erfolge zugeredet, die sich am Ende so nicht zeigen.
Medien-Tenor. Gremien-Tischvorlage 6: Demokratie, 2023 (pdf)