Der Soziologe Armin Nassehi hat es in einem Gastbeitrag im „Spiegel“ (Abo) einmal simulierte Auseinandersetzung genannt. Sehr oft geht es direkt um alles, aber manchmal spielt dabei überhaupt keine Rolle, worum es geht. Aktualität und Marktmechanismen der Öffentlichkeit überformen Kontext und Komplexität.
Es ist ein Phänomen der Gegenwart, dem offensichtlich nicht Herr zu werden ist. Komplizierte Themen drängen als Meinung in die Öffentlichkeit und erhalten Zustimmung oder Ablehnung. Die Lösung vieler politischer Probleme ist zwar überaus komplex, weil politische, wirtschaftliche, rechtliche, ästhetische und zeitliche Zwänge wirken und nicht unbedingt widerspruchsfrei aufgelöst werden können. Aber im öffentlichen Diskurs landet man immer wieder bei Daumen-hoch-Daumen-runter-Fragen: Klimaschutz ja oder nein? Migration gut oder schlecht? Bürokratie schlimm oder sehr schlimm? „Der öffentliche Diskurs löst die Probleme, die er selbst konstruiert: Er erzeugt übersichtliche Konfliktlinien“, schrieb Armin Nassehi.
Klaus Raab, MDR Altpapier, 14.11.2025 (online)

