Wir leben in einer Demokratie. Und dass Verrückte ist, dass die meisten zu wissen meinen, dass Demokratie dort ist, wo die Mehrheit entscheidet. Doch das ist falsch. […]
Das entscheidende Argument ist: Die Demokratie ist die Antwort auf die Einsicht, dass es keine legitime Herrschaftsordnung von Natur gibt. Es gibt keine zum Herrschen und keine zum Dienen geborenen Menschen. Wir sind gleich, frei und vernunftbegabt. Das heißt, wir müssen als Bürgerinnen und Bürger einer politischen Ordnung zustimmen können, damit sie legitim ist. Eine Mehrheitsdiktatur können wir nicht akzeptieren. Die Demokratie ist eine Form der Entscheidungsfindung und Meinungsbildung, die im Großen und Ganzen für alle Bürgerinnen und Bürger akzeptabel ist. Es geht um die Form, nicht um Inhalte. Die individuellen Rechte müssen gesichert sein, die Minderheit, der ich vielleicht angehöre, darf nicht diskreditiert, diffamiert oder marginalisiert werden, es muss Gewaltenteilung, Gleichberechtigung, Meinungs- und Pressefreiheit geben. Das ist Demokratie.
Julian Nida-Rümelin, berliner-zeitung.de, 03.10.2025 (online)