Einerseits hat man einen sehr starken ideologischen Kern, etwa im Menschenbild. Der Mensch ist im rechten Denken ein Mängelwesen, das heißt, er ist abhängig von größeren Dingen, von Strukturen oder vom Schicksal. Der Modus der rechten Politik ist es dann, dieses Schicksal zu erkennen und sich in dessen Dienst zu stellen. Das hat auch eine identitätsstiftende Funktion. Aber die »reine Lehre« soll auch sicherstellen, dass realpolitische Zwänge die Ziele der Rechten nicht zu sehr überformen. Das ist eine große Sorge. Es gibt beispielsweise eine scharfe rechte Kritik an Giorgia Meloni in Italien, der man vorwirft, dass sie am Ende realpolitische Kompromisse macht.
Gleichzeitig sind die Rechten aber auch skrupellose Machiavellisten, die sich im Kampf gegen den politischen Gegner sehr viel Gestaltungsspielraum und ideologische Flexibilität herausnehmen. Im politischen Handgemenge sind sie äußerst pragmatisch und in der Lage, temporär auch Ideologie für Raumgewinne und im Kampf um Begriffe zurückzustellen. Das hat wiederum damit zu tun, dass die Rechten ein ganz anderes Verhältnis zur Wahrheit und zur Moral haben. Das letzte Ziel ihrer Politik ist es nicht, eine gute Gesellschaft zu gestalten oder zu einer richtigen Analyse zu kommen. Am Ende geht es immer darum, dass Dinge nützlich sind für die eigene Machterlangung. Der ideologisch-weltanschauliche Kern ist letztlich nur eine Legitimation dafür.
Felix Schilk, nd-aktuell.de, 12.07.2024 (online)