Es sind Gedankenspielereien, Übungen aus dem Rhetorikseminar, wo man sich mit den Argumenten der Gegenseite vertraut macht, um sie besser entkräften zu können. Solche Gedankenspiele sind legitim, wenn es um Dinge geht wie Fassadenbegrünung oder die Gestaltung eines Spielplatzes. Aber schon bei der Frage „Pro und Contra Fahrradwege“ wird es schwierig, weil es hier um Menschenleben geht. …. Pro-und-Contra-Formate sollen polarisieren. Sie verhindern Differenzierung, denn die Autoren müssen sich ja entscheiden, ob sie dafür sind oder dagegen. Dabei zeigt doch die journalistische Erfahrung, dass die meisten Dinge nicht so schwarz-weiß sind, wie sie auf den ersten Blick erscheinen. Je mehr eine Journalistin recherchiert, desto mehr Nuancen fördert sie in der Regel zutage. Umso erstaunlicher, dass die Chefredakteurin des Deutschlandfunks, Birgit Wentzien, im hauseigenen Podcast „Der Tag“, in dem eine Moderatorin sie 15 Minuten lang zu dem Kommentar befragte, geradezu begeistert forderte, es müsse mehr solcher Kommentare geben.
Diemuth Roether, epd medien 38/2020 (online)
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