Böhmermann als Kunstfigur, Twittermonster und Journalist zugleich funktioniert wie vieles, das gut in den sozialen Medien funktioniert, nämlich zugleich diesseits und jenseits der Ironie. Er ist so etwas wie ein Ein-Mann-Shitstorm, bei dem unbedingt Späne fallen, wenn gehobelt wird, sonst fehlt die Aufmerksamkeit, die Reichweite.
Seine Sendung ist eine im deutschen Fernsehen einmalige Paarung aus Megafon und Lupe, aus lauten, leuchtenden Verpackungen und leisen, gründlich erarbeiteten Inhalten – ein Humpta-Humpta-Humpta-Tätärä-Investigativjournalismus. Mal entsteht aus dieser Spannung Volksaufklärung im besten Sinne. Dann wieder zeigen sich Überhitzungserscheinungen. So wie jetzt bei Schönbohm.
Jede investigativjournalistische Redaktion hat einen Friedhof von Geschichten, die nie erschienen sind, weil sie sich nicht hart genug kriegen ließen. So eine hätte diese wohl auch sein können.
Philipp Bovermann, sueddeutsche.de, 14.10.2022 (online)