Es kommt nicht alle Tage vor, dass der Streit über den Rundfunkbeitrag ein deutsches Höchstgericht erreicht. Im Fall einer TV‑Zuschauerin aus Rosenheim aber fällte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig jüngst eine Entscheidung, die Sprengkraft für ARD und ZDF entwickeln könnte: Die Bayerin hatte sich geweigert, Rundfunkbeitrag zu zahlen. Ihr Argument: Die Sender würden ihrem Auftrag, „die Meinungsvielfalt zu sichern“, nicht nachkommen. Mit anderen Worten: Ihr gefiel das Programm nicht.
Es gibt Tausende solcher Beschwerden. Die meisten verpuffen auf dem Postwege. Vor zwei bayerischen Gerichten hatte sich die Klägerin zuvor einen Rüffel geholt: Subjektive Nörgelei entbinde noch lange nicht von der Zahlungspflicht. Die Leipziger Richter jedoch erklärten eine Revision für zulässig – und werden sich des Falls annehmen. Denn die Sache sei von „grundsätzlicher Bedeutung“: Zu klären sei, ob Unzufriedenheit beim Zuschauer und „strukturelles Versagen“ der Sender bei der „Vielfaltssicherung“ Gründe sein könnten, den Rundfunkbeitrag nicht zu bezahlen.
Gerhart Baum – FDP-Veteran, Jurist und Mitglied im WDR-Rundfunkrat – sprach von einem „aufsehenerregenden Urteil, das große Wirkung haben kann“. Künftig könnte jeder einzelne Zuschauer von Gerichten klären lassen, ob ARD und ZDF zu einseitig berichten. […]
Zahlungsverweigerung bei Nichtgefallen? Genau das könnte, falls die unzufriedene Zuschauerin in Rosenheim Recht bekommt, in Zukunft eine echte, höchstgerichtlich legitimierte Option werden – für Millionen Zuschauer. Dann wird es erst recht rau in öffentlich-rechtlichen Gewässern.
Imre Grimm, rnd.de, 12.11.2024 (online)