Die Journalistin Gilda Horvath engagiert sich seit Jahren für Rom:nja. Im Interview spricht sie über Vorurteile und bedrohte Erinnerung an NS-Verbrechen. […]
Mehr als 40 Prozent der Diskriminierung in der Gegenwart passiert bei öffentlichen Institutionen und Behörden: in Schulen, bei Ärzten, die uns die Behandlung verweigern, bei Polizisten, die ihre Kompetenzen überschreiten, bei Ämtern, die die Belege nicht lesen, sondern Anträge einfach ablehnen. Der Bundesbeauftragte für Roma und Sinti, Dr. Mehmet Daimagüler, plant daher eine Wahrheitskommission, die das Unrecht, das bis in die Gegenwart geschieht, aufarbeiten soll. […]
Es ist wissenschaftlich belegt, dass Medien eine verzerrte Darstellung haben. Sie fallen auf kollektive Illusionen herein. Es gibt jahrhundertealte Lügengeschichten, wie etwa, dass Rom:nja Kinder stehlen würden. Vor ein paar Jahren gab es einen Fall von einem Mädchen namens Maria, wo die Medien dann riesige Mythen verbreitet haben über einen angeblichen Menschenhändlerring, der nie existiert hat. Das Kind war letztlich ein Teil der Familie. Aber weil es blond und blauäugig war, wollte man ihr einfach nicht glauben, es wurde sogar ein DNA-Test durchgeführt. Diese falschen Informationen in den Medien führen zu Gewalt in der Realität.
Gilda Horvath, taz.de, 08.04.2024 (online)