Zitiert: 10 Jahre Debatte über Umgang mit der AfD

Als Björn Höcke einst in der ARD die Nationalflagge zückte, sie über den Sessel legte und von seiner Liebe zum Land erzählte, war er für viele Zuschauer noch ein Unbekannter. Auch Medien wirkten irritiert. „Wirrer AfD-Politiker“, titelte die Welt, n-tv schrieb vom „Mann mit der Deutschlandfahne“. Im Oktober 2015 war Höcke für die meisten nur ein rechter, krawalliger Landespolitiker aus Thüringen, seine Partei schaffte es erst zwei Jahre später in den Bundestag.

Die Talkshow von Günther Jauch entfachte damals eine Debatte über den Umgang mit der AfD. Darüber, ob und wie Journalisten mit dieser Partei sprechen sollen, ob man sie so behandeln darf wie CDU, SPD oder Linke.

Wer hätte zu diesem Zeitpunkt geglaubt, dass im Jahr 2025 immer noch darüber diskutiert wird? Dass die Medienwelt verunsichert ist, ob Funktionäre der Partei eingeladen werden sollten, in Talkshows, für Interviews? Erstaunlich ist vor allem, dass ausgerechnet ein Gutachten des Verfassungsschutzes die Presse in Aufruhr versetzt. Dabei kennt man Höcke und seine Partei mittlerweile gut, ihre Haltung zu Migration, Zitate über „Messer-Migranten“ und „wohltemperierte Grausamkeiten“. Große Zeitungen recherchierten ausführlich zu AfD-Politikern, Netzwerken, Zielen. Die Einschätzung eines Geheimdiensts brauchte es dafür nicht. […]

Dass Verfassungsfeindlichkeit nicht unwidersprochen bleibt, ist eine journalistische Selbstverständlichkeit, die für alle Medien gelten sollte – unabhängig von einem Nachrichtendienst.

Vor zehn Jahren, als Björn Höcke bei Günther Jauch für Aufsehen sorgte, stand seine Partei in Umfragen bei knapp über 5 Prozent. Mittlerweile liegt die AfD bei 25 Prozent. Die andauernde Debatte über den Umgang mit dieser Partei könnte ein Ausdruck von Ratlosigkeit sein: Auch Medien ist es nicht gelungen, den Aufstieg der Rechtsaußenpartei aufzuhalten. Doch wer sagt eigentlich, dass das die Aufgabe der Presse sein soll?

Kevin Gensheimer, Maximilian Beer, berliner-zeitung.de, 12.05.2025 (online)

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Gut zur Entgiftung des öffentlichen Diskurses wäre es, auch in den Beiträgen jener, die anders denken als man selbst, die klügsten Gedanken zu suchen, nicht die dümmsten. Man läuft natürlich dann Gefahr, am Ende nicht mehr uneingeschränkt Recht, sondern einen Denkprozess in Gang gesetzt zu haben.   Klaus Raab, MDR-Altpapier, 25.05.2020, (online)    
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Auf seinem YouTube-Kanal „Ryan ToysReview“ testet der kleine Amerikaner Ryan seit März 2015 allerhand Spielzeug. Die Beschreibung des erfolgreichen Channels ist simpel: „Rezensionen für Kinderspiele von einem Kind! Folge Ryan dabei, wie er Spielzeug und Kinderspielzeug testet.“ Ryan hat 17 Millionen Abonnenten und verdient 22 Millionen Dollar im Jahr. Berliner Zeitung, 04.12.2018 (online)